Was ist dran an „asa og vana“?

von Lars Erik Vollertsen

Über die Grußformel asa og vana oder in der Schreibweise Asa og Vana stolpert man heutzutage häufig in Social Media-Beiträgen innerhalb deutscher Heiden- oder Ásatrú-Gruppen. Woher kommt dieser Ausspruch? Was bedeutet er und welche Sprache ist das eigentlich? Diese Fragen sollen hier etwas beleuchtet werden.

Ásaheill ok Vana

Zuallererst sei gesagt, dass ich zu der Geschichte von asa og vana nur einige wenige Worte verlieren werde, da es mir hier vielmehr um die sprachlichen Eigenheiten der Formel geht. Ich habe daher nur mäßigen Aufwand betrieben, um die Herkunft der Formel zu beleuchten. Manch eine oder einer mag in dieser Hinsicht viel besser informiert sein. Dies gilt vor allem, da ich anhand meiner Recherche festgestellt habe, dass ein möglicher Vorläufer zuerst in Kreisen des Vereins für germanisches Heidentum e.V. (ehemals Odinic Rite Deutschland e.V.) genutzt worden sein könnte. Aus der Community ist mir leider nicht so viel bekannt. Sicher ist, dass das VfgH-Mitglied Fritz Steinbock (alias Asfrid) bereits 2003 die Formel Ásaheill ok Vana als Abschiedsformel in seinen Beiträgen im Forum des Eldaring e.V. nutzte.1 Er führt diese Formel auch im Kapitel „Texte in Originalsprache“ in seinem Buch „Das Heilige Fest“ an, das 2004 in erster Auflage erschien.2 Außer dem Hinweis, dass die Formel auf „Nordisch“ verfasst sei, gibt Steinbock nichts Weiteres dazu an. Ob er der Urheber dieser Formel ist, kann ich nicht sagen, aber es wäre sicherlich interessant zu erfahren. Mir ist diese Formel aus mittelalterlichen, altisländischen Schriften jedenfalls nicht bekannt. Aber auch das sei zunächst eine Angabe ohne Gewähr. Die Formel Ásaheill ok Vanawird auch auf der Seite asentr.eu unter dem Kapitel „Tischsprüche“ als Trinkspruch angeführt.3

Ich komme jetzt zum Sprachlichen. Zu der Formel Ásaheill ok Vana möchte ich Folgendes sagen: Abgesehen von der unüblichen Großschreibung der beiden Substantive (Hauptwörter) scheint es sich um ein korrektes Altisländisch zu handeln. Übersetzt heißt sie so viel wie „Asenheil und Wanenheil“. Heil (Glückskraft usw.) von jedem der beiden Göttergeschlechter (sofern man die Wanen als solches sieht) ist doch etwas, das man jedem guten Freund wünschen möchte, nicht wahr?

Aber was fällt auf? Bei Vana scheint dem Schreiber irgendwie das -heill abhanden gekommen zu sein. Beim zusammengesetzten Substantiv (Kompositum) Ásaheill scheint der Schreiber weniger geschludert zu haben. Sprachlich liegt hier jedoch in Wirklichkeit wohl kein Problem vor. Es lässt sich nämlich eine schlüssige Erklärung für die Auslassung von -heill finden.

Das Auslassen des Wortglieds heill stellt eine Reduktion dar, die sich mit dem Streben nach einem möglichst knappen Ausdruck vereinbaren lässt. Und das wäre typisch für den sprachökonomischen Schreibstil der altisländischen Sagas. Wichtig bei solchen Auslassungen ist lediglich, dass sich das Gemeinte etwa aufgrund des Kontextes verstehen lässt. Bei der Formel Ásaheill okVana ist es für den Leser nicht schwierig, das fehlende Satzglied zu rekonstruieren. Der Schreiber wiederum freut sich, da er sich eine unnötige Doppelung spart.

Es lässt sich schon einmal vermerken: Das Vorderglied vana, welches das Grundwort -heill näher determiniert (bestimmt), bleibt als sogenannte Kopfform bestehen. Eine tolle Abkürzung – und sieht auch irgendwie sehr Altisländisch aus.

Solche Reduktionen von Komposita gibt es auch im Deutschen. Dass das bestimmende Erstglied zur Kopfform reduziert wird, ist jedoch nicht sehr verbreitet. Die Reduktion zu einer Endform kennt man etwa bei Regenschirm – Schirm.

Asenheil und Vanensegen

Bevor ich jetzt zu asa og vana komme, sei noch erwähnt, dass sich die deutschsprachige Formel „Asenheil und Vanensegen“ ebenfalls zu Beginn der 2000er in neuheidnischen Kreisen belegen lässt.4 Ich erinnere mich daran, dass sowohl Ásaheill ok Vana als auch Asenheil und Vanensegen (oder in der Schreibweise Wanensegen) häufiger als Schlussformeln von Internetbeiträgen genutzt wurden. Es kam auch damals schon zu leichten Variationen: z.B. von Ásaheill zu Asaheill oder von ok zu og. Letzteres erklärt sich womöglich dadurch, dass in Neuisländisch und anderen modernen skandinavischen Sprachen „und“ mit „og“ zu übersetzen ist. Es muss sich aber nicht immer um eine unabsichtliche Veränderung handeln. Das „g“ und das „k“ sind nämlich einzig entscheidend dafür, ob die Formel als Neu- oder Altisländisch zu identifizieren ist. Es kann in manchen Fällen also auch eine bewusste Entscheidung für Neuisländisch zugrunde liegen.

Grammatik im Isländischen

Und jetzt komme ich zu einem etwas nervigen, aber wichtigen Punkt: Die Deklination von Substantiven im Isländischen. Im Deutschen ist die Deklination von Substantiven gemäß der vier Fälle meist nicht so spektakulär.

Ein Beispiel zur Erinnerung:

Kasus (Fall) Singular (Einzahl) Plural (Mehrzahl)
Nominativ das Kind die Kinder
Genitiv des Kindes der Kinder
Dativ dem Kind den Kindern
Akkusativ das Kind die Kinder

Ich betrachte für die isländischen Wörter nur einmal die Mehrzahl-Formen, und zwar in folgenden beiden Fällen: im Nominativ, der immer nach wer oder was fragt, und im Genitiv, der nach wessen fragt. Der Nominativ ist gewissermaßen der Standardfall, und der besitzanzeigende Genitiv ist für die Formel Ásaheill ok Vana von Bedeutung: Wessen Heil? Das Heil der Asen.

Was Altisländisch áss (Ase) anbelangt, so verkürzt sich beim Neuisländischen die Nominativ-Form in der Einzahl auf ás. Die an dieser Stelle interessanten Formen in der Mehrzahl (Asen, Wanen) unterscheiden sich im Alt- und Neuisländischen allerdings nicht.

Kasus, Numerus (Anzahl) Neu- und Altisländisch Neu- und Altisländisch
Nominativ,Plural vanir æsir
Genitiv,Plural vana ása

Hier zeigt sich, wie sehr sich die unterschiedlichen Varianten von den Grundformen (im Altisl. áss und vanr) je nach Deklination unterscheiden können. Da auch das Wort heill im Alt- und Neuisländischen identisch ist, liegt es wie gesagt lediglich an der Schreibweise von og (Neuisländisch) oder ok (Altisländisch), um die Sprache eindeutig identifizieren zu können:

Ásaheill ok vana = Altisländisch

Ásaheill og vana = Neuisländisch

Asa og vana

Da es gerade darum ging, lässt sich jetzt schon feststellen, dass das „og“ auf Neuisländisch und nicht auf Altisländisch hindeutet. Als Nächstes ist zu klären, wie es sich mit den Kurzformen bzw. den Auslassungen bei asa og vana verhält, schließlich ist dort ja weder von Heil noch von Segen die Rede. Die Facebook-Seite „Asa og Vana – Alte Sitte“ schreibt zu der Formel Folgendes:

„In der direkten Übersetzung bedeutet Asa og Vana: ‚Asen und Vanen‘[.] Man nutzt es daher auch gerne als Kurzform für die Begrüßung/Verabschiedung: ‚Asenheil und Vanensegen‘ Es ehrt die Asen sowie Vanen gleichermaßen und wünscht dem Angesprochenem (sic), Gesundheit und Segen.“5

Die Abkürzung asa og vana wird als Grußformel genutzt und in Internetbeiträgen in der Regel zu Anfang oder als Abschiedsformel am Ende genannt. Dabei treten die beiden Schreibweisen asa og vana sowie Asa og Vana auf.

Ich lasse zunächst einmal die Erklärung der Formel außen vor und gehe auf das geschriebene Wort ein. Zur Auslassung von Worten oder Wortgliedern wurde bereits gesagt, dass der Kontext dem Leser ausreichend deutlich machen muss, dass er ein bestimmtes Wort ergänzen muss. Bei asa og vana wird die Sprachverknappung quasi auf die Spitze getrieben, wenn man davon ausgeht, dass es sich eigentlich um Komposita handeln soll. Ein zu ergänzendes Grundwort wird nicht genannt. Wenn man nicht über das Wissen zur Dekodierung verfügt, dann kann der naive Leser nur feststellen, dass dort „Asen und Wanen“ auf etwas falsch geschriebenem Neuisländisch zu lesen ist (a statt á). Meines Erachtens lässt sich dieser reduzierende Stil nicht mehr nur mit einer Nachahmung altisländischer Schreibstile erklären. Ich würde es als etwas Neues einordnen, aber das mag von anderen auch etwas anders eingeschätzt werden.

Die Übersetzung „Asen und Wanen“ ist jedenfalls korrekt. Dennoch lässt sich dazu noch etwas mehr sagen. Nicht nur der Kontext kann den Leser darauf hinweisen, dass im Satz etwas zu ergänzen ist. Auch die Grammatik kann ihm einen nötigen Hinweis geben. Die Wörter Asen (æsir) und Wanen (vanir) stehen hier im Genitiv. Sofern der Leser dies erkennen kann, muss er sich also fragen, was die sogenannten Determinantien ása und vana denn nun näher bestimmen sollen. Jemand mit isländischen Sprachkenntnissen kann ohne das nötige Wissen zur Dekodierung dieser Abkürzung nur feststellen, dass irgendetwas in dem Satz zu fehlen scheint. Diese Seltsamkeit lässt sich im Deutschen so leider nicht ganz nachvollziehen, da die Wörter Asen und Wanen im Nominativ und Genitiv identisch sind. Wessen Heil? Das Heil der Asen. Wer wird im Ritual angerufen? Die Asen werden angerufen.

Ich versuche trotzdem einmal das Phänomen mit der deutschen Sprache zu illustrieren. Dafür eignen sich zum Beispiel zwei Substantive im Dativ (wem oder was), die im Plural stehen. In einem vollständigen Satz könnte das wie folgt aussehen: Wir suchen nach Kindern und Männern. Für einen deutschsprachigen Leser ist klar, dass die Formel Kindern und Männern im Vergleich zu Kinder und Männer etwas seltsam erscheint. Es scheint irgendwas falsch oder unvollständig zu sein. In der direkten Übersetzung von asa og vana zu Asen und Wanen fällt eine solche Seltsamkeit dem deutschsprachigen Leser verständlicherweise nicht auf. Da asa og vana auch nicht hundertprozentig korrektes Neuisländisch ist – es müsste eigentlich ása heißen – könnte der deutsche Vergleichssatz etwa so aussehen: Kindern und Mannern. Es lässt sich also zusammenfassen, dass es sich bei asa og vana um einen pseudo-neuisländischen Satz handelt, der mittels Auslassungen stark reduziert wurde. Der Inhalt lässt sich nur mit bestimmtem Hintergrundwissen über die ausgelassenen Wortglieder entschlüsseln.

Schlusswort

Meiner Meinung nach deutet vieles darauf hin, dass sich die Formel asa og vana nur aufgrund von mangelhaften Sprachkenntnissen entwickeln und verbreiten konnte. In gewisser Weise ist sie auch eine Mogelpackung: Entscheidend für die Verbreitung war meiner Einschätzung nach der altisländische Touch und die damit verbundenen atmosphärischen Eigenschaften des Altehrwürdigen, des sprachlich Exotischen (mit nordisch-heidnischer Note) und nicht zuletzt des Authentischen. Schließlich hätte man ja auch auf Deutsch „Asen und Wanen“ schreiben können. Nach dem Faktencheck liegt eigentlich nur der sprachlichen Exotik etwas Reelles zugrunde. Ansonsten ist asa og vana vielmehr ein sprachliches Designerstück deutscher Ásatrú-Communities. Für Menschen mit isländischen Sprachkenntnissen mutet es seltsam an. Codierte Sprachformeln erfüllen jedoch auch eine soziokulturelle Funktion, sodass sich die Frage nach korrekter Rechtschreibung nicht unbedingt stellt. Mit dem Gebrauch der Formel wird demonstriert, wer dazugehört und wer nicht. Es wird ein gruppenspezifisches Wissen benötigt, um die Formel zu verstehen. Das eigentlich Wichtige ist, sie richtig anwenden zu können. Grundsätzlich ist das nichts Ungewöhnliches. Interessant ist, dass innerhalb der Communities etwas offen bleibt, was der Satz genau bedeuten soll. Dies wird schon aus dem gegebenen Zitat deutlich, in dem die Formel sowohl als Ehrung der Götter wie auch als Segens- und Glückswunsch an den Kommunikationspartner verstanden wird. In einer Diskussion zu dem Thema „Asenheil und Vanensegen“ auf der Internetplattform asatru-forum.de aus dem Jahr 2013 wird neben genannten Deutungen auch vorgeschlagen, dass sich der Heilswunsch ebenso an die Götter richte: Das Heil möge sich auch für die Götter stärken.6

Ich halte es für möglich, dass asa og vana als unabsichtliche Verballhornung von Ásaheill ok vana entstanden ist und vor allem in Verbindung mit dem Ausspruch „Asenheil und Vanensegen“ mit einem gewissen Bedeutungsspektrum versehen wird. Genauso möglich wäre es, dass es sich bei Asa og Vana um eine bewusste Kreation handelt, die sich anschließend verbreitet hat.

Ich hoffe, dass dem Leser auch nachvollziehbar geworden ist, aus welchen Gründen manche Leute – auch solche mit heidnischem Hintergrund – die Formel asa og vana kritisieren könnten. Die meisten deutschen Leser haben keine so tiefgehenden Kenntnisse isländischer Sprache. Warum auch? Für sie sieht die Formel asa og vana möglicherweise nach etwas aus, was sie nicht ist. Letztendlich ist sie eine sprachlich etwas seltsame, neuartige Konstruktion. Andererseits wird asa og vana durch die Leute, die sie gebrauchen, mit durchaus tiefgehenden Bedeutungen versehen. Ich persönlich frage mich, warum man unbedingt diesen altisländischen Touch braucht, zumal man als normaler, deutschsprachiger Leser nicht nachvollziehen kann, ob solcherlei Sätze überhaupt in einem nur einigermaßen richtigen Altisländisch verfasst sind. Letztendlich muss jedoch jeder für sich entscheiden, ob das eine Kritik von Wichtigkeit ist.

Endnoten

1 https://forum.eldaring.de/search.php?keywords=%C3%81saheill+ok+Vana&sid=495acbd1a406e1ccb4bc524ff3d7ba7c, Stand Mai 2020.

2 Steinbock, Fritz: Das Heilige Fest. Hamburg 2004, S. 240.

3 https://www.asentr.eu/anr_tis.html, Stand Mai 2020.

4 Nachzulesen etwa auf der Seite http://www.laukaz.de/ von Eira (Eldaring-Mitglied). Der entsprechende Text ist auf 2002 datiert. Stand Mai 2020.

5 https://www.facebook.com/asaogvana/posts/asa-og-vanader-wahre-ursprung-dieser-aussage-liegt-sehr-wahrscheinlich-irgendwo-/321879048288660/, Stand Mai 2020.

6 https://www.asatru-forum.de/forum/index.php?thread/7820-asenheil-und-vanensegen/, Stand Mai 2020.

Die ubischen Matronen und ihr Kult

von Ulrike Pohl

Man kann nicht behaupten, dass die Religionen und Kulte der westgermanischen Stämme weltbekannt sind, aber wenn sich Heiden und Heidinnen aus anderen Ländern überhaupt für kontinentale Phänomene interessieren, dann sind es sehr oft die Matres, die Matronen und ihr Kult.

Allerdings scheint bei genauerem Hinsehen das Wissen über diesen Kult und diejenigen, denen er galt, nicht sehr tief zu sein, zu viele Fragen stellen sich und bleiben auf den ersten Blick offen. Was hat überhaupt ein Kult, der vor rund 1700 Jahren in dieser Form abebbte, uns Heutigen zu sagen und zu bieten?

Daher möchte ich heute einen kurzen Überblick bieten, der die neuere Forschung berücksichtigen soll und sich wesentlichen Fragen nähern will: Waren die Matronen nun keltisch, germanisch oder römisch?  Wo wurden sie verehrt? Was wissen wir über den Ursprung und Ablauf des Kults und über diejenigen, die die Matronen verehrten? Und sind die Matronen nun Ahnengöttinnen oder Fruchtbarkeitsgöttinnen?

Diese Fragen können hier nicht abschließend beantwortet werden, aber wenn dieser Artikel dazu beiträgt, dass ihr dem Thema nicht nur mit dem Herzen, sondern auch mit dem Verstand näherkommt, dann hat er seinen Zweck erfüllt.

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Ahnen-Stellwerk zum I. Weltkrieg

Ein systemisch-schamanisches Aufstellungsritual auf dem Eldathing 2014 in Borgwedel

von Petra Bolte

Widmung

Meinen Urgroßeltern Hermann und Johanne Diekhöner.

Danksagung

Mein Dank gilt Elke Bachmann-Tigges, einer ebenso begnadeten wie bescheidenen Familienaufstellerin und meiner Freundin Rena Brummer, die mich zu ihr geschickt hat.

Einführung

Das Jahr 2014 stand im Zeichen des Erinnerns an den Ausbruch des I. Weltkriegs vor 100 Jahren, in 1914. Dokumentationen im Fernsehen, Museumsausstellungen und einschlägige Buchveröffentlichen halten das Thema gegenwärtig.

Doch was mir das Thema wirklich nahebrachte, war ein Lied: „The green fields of France“ in der Version von den Dropkick Murphys. Der Originaltitel heißt „No Mans’s Land“ von Eric McBogle1. Es gibt auch eine deutsche Fassung von Hannes Wader: „Es ist an der Zeit“. Das Lied handelt von einem jungen Soldaten, der im I. Weltkrieg in Frankreich fällt. Auch mein Urgroßvater fiel als junger Mann vor Verdun, Frankreich, sein Tod ein sinnloses Opfer. Sein Name steht neben den unzähligen anderen Namen gefallener Soldaten des I. Weltkriegs auf einer Steintafel in einer verborgenen Ecke des Münsters in meiner Heimatstadt. Meine Urgroßmutter war da gerade mit dem 4. Kind schwanger. Sie wuchs über sich hinaus, ernährte allein ihre 4 Kinder und erzog sie zu ordentlichen Menschen. Sie war eine Heldin!

Aber das war nichts Besonderes, der I. Weltkrieg erschütterte die Leben sehr, sehr vieler Menschen, brachte Hunger, Elend, Armut, Sterben, Zerstörung. Kaum eine Familie blieb ohne Tote. Einigen wenigen brachte der I. Weltkrieg aber auch Ruhm und Reichtum.

Das Thema ließ mich nicht los. Nach einer Fortbildung bei dem renommierten systemischen Psychologen Daan van Kampenhout, der Schamanismus mit Techniken der Familienaufstellung verbindet,2 beschlossen Hermann und ich, ein Ritual für das Ahnenfeld der Zeit des I. Weltkriegs zu konzipieren und dafür die Unterstützung unseres germanischen Pantheons zu erbitten. Angeboten haben wir dieses Ritual dann unter dem Titel Ahnen-Stellwerk zum I. Weltkrieg – ein systemisch-schamanisches Aufstellungsritual auf dem Eldathing 2014 in Borgwedel bei Schleswig.

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Thors Böcke oder was?

von Nelly Dirks

(Ausstellung im Archäologischen Museum Frankfurt – Februar bis Juni 2017)
Gedanken über einen Glücksbringer
(mit Nachzeichnung der Böcke von Tissø)

Ein kleiner Fund aus dem Grabungsschatz am dänischen See Tissø lässt mich gedanklich nicht mehr los. Es geht um Thors Böcke. An dem Ritualort hat vor ca. 1.300 Jahren jemand einen kleinen bronzenen Glücksbringer geopfert. Es ist eine Fibel.

Fibel: Thors Böcke
Bronzefibel in Form zweier Böcke

Die kleine Fibel des 8. Jahrhunderts aus Tissø zeigt zwei männliche Huftiere im Profil. Wegen der gewundenen „Hörner“ und des kurzen Stummelschwanzes hat man sie für die beiden Böcke Tanngrísnir und Tanngnjóstr gehalten, die Thors Wagen zogen.

Zitat von der Ausstellungswebseite des Archäologischen Museums
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Freyja zu Besuch in Frankfurt am Main

von Nelly Dirks

(Ausstellung Februar bis Juni 2017)
Gedanken über die Abbildung der Göttin auf einer Fibel
(mit Nachzeichnungen der Freyja-Fibeln von Tissø)

Die Ausstellung im Archäologischen Museum Frankfurt hieß zwar „Odin, Thor und Freyja“, doch für mich steht Freyja (die Herrin) an erster Stelle. Davon abgesehen ist sie – oder ihre „Vorgängerinnen“ – die älteste von den dreien. Also sollte sie auch als Erste genannt werden. Wenigstens wurde eine der Freyja-Fibeln als Werbeschild für diese Ausstellung verwendet – allerdings auch nur zwischen Odins Kopf und Thors Hammer.

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Thorri und das Thorrablót

von Gunivortus Goos

Wer dem Titel zu entnehmen glaubt, dass dieser Beitrag von dem nordischen Gott Thor (altnordisch: Þórr) handelt, unterliegt einem Irrtum. Thorri bezieht sich auf eine andere Gestalt der nordischen Mythologie. Aber wer dieser Thorri (altnordisch: Þorri) nun eigentlich war, ist nicht sicher geklärt, die alten Quellen sind darüber leider nicht eindeutig und gleicher Ansicht. Nach der Orkneyinga Saga aus dem 13. Jahrhundert war Thorri der König eines frühen Königreichs in Norwegen. Aus historischer Sicht gibt es dafür keine Belege, es gehört deshalb auch wohl zur Mythologie, so wie das vermutlich auch bei dem dänischen König Rolf Krake (altnordisch: Hrólfr Kraki) der Fall ist.

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Arbogast – eine vergessene Heldengeschichte

von Kurt Oertel

Die Völkerwanderungszeit war ein Zeitalter, in dem herausragende und entschlossene Persönlichkeiten zu Legenden werden konnten. Praktisch alle großen Figuren der südgermanischen Heldensage haben ihren Ursprung in dieser unruhigen Zeit, aus der letztlich ein neues und völlig verändertes Europa hervorging. Wenn im heutigen Heidentum Namen der großen Volkskönige wie Theoderich der Große, Alarich, Geiserich usw. bewundernd genannt werden, scheint dabei jedoch gerne übersehen zu werden, dass all diese Herrscher und ihre Völker bereits Christen waren. Mit dem Namen Arbogast aber scheinen nur spezialisierte Historiker vertraut zu sein. Und doch ist gerade seine Geschichte des Erzählens wert, nicht nur, weil er Zeit seines Lebens den Göttern seiner Ahnen treu blieb, sondern mehr noch, weil er in Ereignisse verwickelt wurde, deren Kenntnis jedem heutigen Heiden gut anstehen würde und die in zusammenhängender und gemeinverständlicher Form so noch nie erzählt worden sind, sondern in fachwissenschaftlichen Gesamtdarstellungen bestenfalls nur in wenigen Sätzen abgehandelt werden. Dies also ist sie, die seltsame, großartige und (wie jede gute germanische Heldensage) tragische Geschichte Arbogasts.

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Von den Beschwernissen der letzten Reise – Jenseitsvorstellungen und Seelenglaube

von Kurt Oertel

In einer Veröffentlichung über Moorfunde in Schleswig-Holstein schreibt der Archäologe Herbert Jankuhn:

„Bei Lottorf im Kreise Schleswig gibt es ein kleines Moor, in dem über zehn Lederschuhe, z.T. abgetragene Stücke, gefunden wurden, und da einzelne Schuhe auch in anderen Mooren auftreten, muß hier ein fest umrissener Brauch vorliegen, der es erforderte, daß aus bestimmten Anlässen oder zu ganz bestimmten Zwecken Schuhe auf Mooren niedergelegt wurden. Welche Gedanken die Menschen der alten Zeit damit verbanden, wissen wir nicht.“ 1

Das wissen wir in der Tat nicht. Eine Betrachtung anderer Quellen aber könnte den Blick immerhin in eine bestimmte Richtung lenken. Schuhe waren nämlich auch ein wichtiger Bestandteil des Totenbrauchtums, und die damit verbundenen Vorstellungen, die auf heidnische Denkmuster zurückgreifen dürften, sind dabei noch deutlich erkennbar. Die sogenannten Totenschuhe, auch Hel-Schuhe genannt (altnordisch: helskór) gehörten zu den wichtigsten Dingen, mit denen man Verstorbene auszustatten hatte. Natürlich steht dahinter zunächst einmal die sehr real gedachte Reise in die Jenseitswelt, die der Verstorbene anzutreten hatte, und für die gutes Schuhwerk als genauso unerläßlich galt wie weitere Grabbeigaben auch. Nun gibt es aber eine wenig beachtete Quelle, die heutigen Heiden allein schon deshalb unbekannt ist, weil sie erstmals 1979 vollständig und mit einer deutschen Übersetzung versehen veröffentlicht wurde,2 und die uns möglicherweise interessante Detaileinblicke eröffnet.

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Holda, Frigga, Percht und Hel – eine strukturale Betrachtung

von Petra Bolte

Die Beschäftigung mit den Zeugnissen für die heidnische Religion unserer Vorfahren – mittelalterliche skandinavische Autoren, kontinentalgermanische Volksmärchen, archäologische Funde, überliefertes Volksbrauchtum, sprachwissenschaftliche Forschung – führt fast zwangsläufig zur Frage: Kontinentalgermanisch oder nordisch, wo sind die Schnittmengen, wo die Unterschiede zwischen den Gottheiten? Der vorliegende Beitrag greift diese Fragen auf im Rahmen einer strukturalen Betrachtung der kontinentalgermanischen Holda und Percht und der nordischen Frigga und Hel.

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Ostara – Feste feiern mit Kindern

von Ines Hardy

Es ist schon einige Jahre her, dass ich so schön Ostara feiern konnte wie damals mit den Kindern. Ich versuche also aus dem Gedächtnis davon zu berichten und mir sei verziehen, wenn ich verschiedene Ostarafeste durcheinander würfele. Aber das würden ohnehin nur diejenigen bemerken, die dabei waren. Allen anderen soll es Inspiration schenken.

Wir haben uns immer am Nachmittag der Frühjahrs-Tag-und-Nachtgleiche am 20. bzw. 21. März am Gelände des Treppenhauers getroffen. Meist waren wir 5-8 Frauen mit ebenso vielen Kindern im Alter zwischen 2-6 Jahren. Von zu Hause brachten wir Beutel voller Stoffreste, Stricke und Stroh mit. Mit dort zusammen gesammelten Ästen bastelten wir daraus als Erstes den Herrn Winter, den wir schließlich alle lautstark austreiben wollten. Nach und nach trudelten alle ein. Wir Frauen bastelten, stellten das Essen für das spätere Picknick in den Kühlschrank und die Kinder tobten durch das Museumsgelände, das langsam aus der Winterstarre erwachte. Als der Herr Winter fertig war und alle sich am Eingangstor versammelt hatten, konnte es ab in den Wald gehen. Es gab ein ziemliches Gerangel unter den Kindern bei der Frage, wer die Winterpuppe tragen durfte. Jeder wollte einen Zipfel von ihr ergattern. Die Muttis bestimmten dann, dass abwechselnd getragen werden durfte. Und so ging es laut mit dem Winteraustreib-Lied in den Wald:

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