In NRW tut sich auch einiges.

Am Samstag den 06.05 trafen sich auf Einladung des Stammtisch BergischesLand etwa 20 Mitglieder und Interessierte aus NWR und Hessen zu einem Runen Basis Workshop. Sie lernten bei Annette zu “finden, ritzen, erraten, erforschen, raunen, “,  so wie es in Odins Runenlied beschrieben ist. Am Ende des Tages hatte jeder der Teilnehmenden “sein” Runenset samt Lederbeutel hergestellt und im anschließenden Blot geweiht.
Den Tag endete dann am Feuer mit Sumbeln und einem Festmahl aus den Speisen, die die Teilnehmenden mitgebracht hatten.

Da uns der Raum kostenlos von einem Stammtischmitglied zur Verfügung gestellt wurde stellt Annette den Erlös aus den Spenden dem organisierenden Stammtisch für die Vorbereitungen zukünftiger Veranstaltungen zur Verfügung

Asatru EU – Treffen

Am letzten Wochenende im April, haben wir nicht nur über das IASC diskutiert, sondern auch über das asatru-eu-Netzwerk und darüber, wie wir seine Zukunft auf eine stabilere Grundlage stellen können. Im Wesentlichen haben wir die Themen aufgegriffen, an denen wir bereits in Idarvollen 2019 gearbeitet haben. Zu Beginn unserer Gespräche haben wir geprüft, ob wir einige der wichtigsten Ziele erreicht haben, die wir uns vor vielen Jahren gesetzt hatten, als wir zum ersten Mal über die internationale Zusammenarbeit sprachen. In einigen Bereichen können wir auf klare Erfolge zurückblicken: Das IASC ist ein gutes Beispiel dafür, wie wir gemeinsam ein “Heidendorf” für Familien und Einzelpersonen aufgebaut haben. Ein weiterer positiver Nebeneffekt des IASC war die Förderung der Verbindungen und des Austauschs zwischen Einzelpersonen und Organisationen, z. B. durch den Besuch von Veranstaltungen, die von anderen Gruppen in unserem Netzwerk organisiert wurden. In anderen Bereichen haben wir weniger erreicht: Unsere sehr informelle Organisation kann es für Neulinge im Netzwerk schwierig machen, z. B. unsere Arbeitsweise und die verschiedenen Rollen der einzelnen Personen zu verstehen. In dieser Diskussion wurde deutlich, dass wir alle, auch wenn die Pandemie die Macht informeller Netzwerke deutlich gemacht hat, immer noch die Notwendigkeit sehen, asatru-eu stärker zu strukturieren, insbesondere um unseren Aktionen und Erklärungen mehr Gewicht zu verleihen und unsere Sichtbarkeit zu erhöhen.

Aber wie soll asatru-eu aussehen? Zwei der in Idarvollen gebildeten Arbeitsgruppen konnten sich trotz der schwierigen Zeit seit 2019 zusammensetzen und einige Schlussfolgerungen erarbeiten. Die Rechtsgruppe hat verschiedene mögliche Optionen für die Gründung von asatru-eu als Rechtskörperschaft analysiert; die Charta-Gruppe hat einen ersten Entwurf einer Charta erstellt, die die wichtigsten Werte und Ziele von asatru-eu zusammenfasst und umreißt. Wir waren uns einig, dass die Charta die Grundlage und den Rahmen für die Gestaltung von asatru-eu bildet, und beschlossen, den Entwurf der Charta als Ausgangspunkt für die Diskussion zu nehmen. Die Bereitstellung eines sicheren und heiligen Raums für Heiden ist eines der Kernziele von asatru-eu. Dies wirft die Frage auf, was wir unter “heidnisch” verstehen und wen wir unter unserem Dach willkommen heißen. Es handelt sich um ein komplexes Thema, das weitere Diskussionen erfordert, an denen die verschiedenen beteiligten Organisationen zwangsläufig beteiligt sind. Um voranzukommen, einigten wir uns darauf, die 2015 vom asatru-eu-Netzwerk verabschiedete “Inklusivitätserklärung” zu verwenden. Wir haben auch beschlossen, die drei Idarvollen-Arbeitsgruppen wieder zu beleben, nämlich: 1 – Charta, 2 – Rechtsform und 3 – Entscheidungsfindungsprozess und Verfassung. Alle drei Arbeitsgruppen haben bereits einen Termin für ihre erste Sitzung festgelegt; es ist beabsichtigt, erste Ergebnisse und konkrete Beiträge zur Diskussion und Entscheidung während unserer Sitzung am 15. Oktober zu liefern.

Am Sonntagnachmittag haben wir an einer nahen gelegenen megalithischen Stätte einen Blot abgehalten, um unserer gemeinsamen Arbeit Kraft und Stärke zu verleihen. Der Ort war fantastisch, die Sonne schien hell, und während wir unser Horn erhoben, rief ein Rabe zweimal über uns! In der Tat ein unvergessliches Erlebnis…

Wir beendeten den Tag mit einer Diskussion über Ältestenschaft, die Rolle der Ältesten und die Herausforderungen, die mit der Übernahme einer neuen Rolle mit weniger Verantwortung verbunden sind. Natürlich wurden die Diskussionen des Tages am Abend nach dem Abendessen fortgesetzt, wobei wir mit alten und neuen Freunden plauderten und Erfahrungen austauschten.

Eldaring-YouTube-Kanal online

Ab heute ist der Eldaring e.V. auch auf YouTube präsent.

Den Anfang auf unserem Kanal macht die Interviewreihe „9 Fragen – 9 Welten“. In dieser stellen wir nach und nach Persönlichkeiten vor, die einen kleinen Einblick in den Verein und unsere Arbeit gewähren. Wir freuen uns über Likes, Kommentare – und natürlich das Abonnieren nicht vergessen.

Hier geht es zum Kanal: Eldaring e.V. auf YouTube

Neue Artikelsammlung online

In den vergangenen Tagen ist der Webauftritt des Eldarings um einen wichtigen Schatz bereichert worden: Aus anderthalb Jahrzehnten Herdfeuer seit dem Jahr 2003 wurden fast 100 Artikel – auch von längst vergriffenen Printausgaben – wiederbeschafft, gesichtet und davon knapp 30 hochwertige Artikel ausgewählt, durchgesehen, teils aktualisiert und anschließend lektoriert, hochgeladen und formatiert. Diese umgerechnet knapp 300 DIN A4-Seiten stehen euch nun in unserer neuen Artikelübersicht zur Verfügung: zur Artikelübersicht.

Doch dies ist erst der erste Streich. Im Hintergrund werden aktuell noch weitere Artikel vorbereitet, die in naher Zukunft Stück für Stück bearbeitet und hochgeladen werden.

Besonderer Dank gelten Hermann Ritter für das mühselige Sammeln der Artikel, unserem Bewahrer Kurt Oertel für die komplette Durchsicht, Sortierung und Nachbearbeitung sowie Carsten Dahlmann für die Online-Formatierung und das Lektorat – sowie natürlich allen Autoren, die diese großartigen Artikel einst verfasst haben.

Ahnen-Stellwerk zum I. Weltkrieg

Ein systemisch-schamanisches Aufstellungsritual auf dem Eldathing 2014 in Borgwedel

von Petra Bolte

Widmung

Meinen Urgroßeltern Hermann und Johanne Diekhöner.

Danksagung

Mein Dank gilt Elke Bachmann-Tigges, einer ebenso begnadeten wie bescheidenen Familienaufstellerin und meiner Freundin Rena Brummer, die mich zu ihr geschickt hat.

Einführung

Das Jahr 2014 stand im Zeichen des Erinnerns an den Ausbruch des I. Weltkriegs vor 100 Jahren, in 1914. Dokumentationen im Fernsehen, Museumsausstellungen und einschlägige Buchveröffentlichen halten das Thema gegenwärtig.

Doch was mir das Thema wirklich nahebrachte, war ein Lied: „The green fields of France“ in der Version von den Dropkick Murphys. Der Originaltitel heißt „No Mans’s Land“ von Eric McBogle1. Es gibt auch eine deutsche Fassung von Hannes Wader: „Es ist an der Zeit“. Das Lied handelt von einem jungen Soldaten, der im I. Weltkrieg in Frankreich fällt. Auch mein Urgroßvater fiel als junger Mann vor Verdun, Frankreich, sein Tod ein sinnloses Opfer. Sein Name steht neben den unzähligen anderen Namen gefallener Soldaten des I. Weltkriegs auf einer Steintafel in einer verborgenen Ecke des Münsters in meiner Heimatstadt. Meine Urgroßmutter war da gerade mit dem 4. Kind schwanger. Sie wuchs über sich hinaus, ernährte allein ihre 4 Kinder und erzog sie zu ordentlichen Menschen. Sie war eine Heldin!

Aber das war nichts Besonderes, der I. Weltkrieg erschütterte die Leben sehr, sehr vieler Menschen, brachte Hunger, Elend, Armut, Sterben, Zerstörung. Kaum eine Familie blieb ohne Tote. Einigen wenigen brachte der I. Weltkrieg aber auch Ruhm und Reichtum.

Das Thema ließ mich nicht los. Nach einer Fortbildung bei dem renommierten systemischen Psychologen Daan van Kampenhout, der Schamanismus mit Techniken der Familienaufstellung verbindet,2 beschlossen Hermann und ich, ein Ritual für das Ahnenfeld der Zeit des I. Weltkriegs zu konzipieren und dafür die Unterstützung unseres germanischen Pantheons zu erbitten. Angeboten haben wir dieses Ritual dann unter dem Titel Ahnen-Stellwerk zum I. Weltkrieg – ein systemisch-schamanisches Aufstellungsritual auf dem Eldathing 2014 in Borgwedel bei Schleswig.

„Ahnen-Stellwerk zum I. Weltkrieg“ weiterlesen

Die wilde Jagd

Wilde Jagd

Die Frage nach der Essenz eines heidnischen Gottes klärt sich vermutlich am besten, wenn man die ursprüngliche Erscheinungsform auffindet. Die Sagen vom wilden Jäger weisen bei näherer Ansicht auf die ursprüngliche Form des Gottes Wodan. Die Wilde Jagd stellt für das Heidentum eine der grundlegendsten Verbindungen von Brauchtum und Religion dar, und nicht umsonst hat Otto Höfler den wilden Jäger als einen Kernmythos bezeichnet. Der wilde Jäger ist Wodan, aber der Jäger stellt nicht einfach nur eine Seite des Charakters dieses Gottes dar. Die Wilde Jagd ist ein weitverzweigter Mythenkomplex, der die ursprüngliche Vorstellung von Wodan zur Geltung bringt und in die ältesten Schichten der heidnischen Religion deutet, als Wodan vermutlich noch nicht der All- und Göttervater vor dem einst so strahlenden Rechtsgott Tiu (Tyr, Teiwaz) war.

Der Mythos wurde nach einer romantisierenden Phase zunächst nach Naturphänomenen gedeutet, wie es etwa bei Mannhardt, Herrmann oder Golther als Vertreter der Naturmythologischen Schule üblich war. Höfler wendet sich nicht vollkommen dagegen, kritisiert allerdings deren Interpretationsweisen als unzulänglich, wie im übrigen auch die der darauf folgenden rationalistischen Religionswissenschaft, die religiöse Motive beispielsweise aus dem Hunger, Geschlechtstrieb oder der Angst erklären wollte. Höfler schlägt einen anderen Weg ein. Er stellt die kultischen Handlungen den epischen Erzählungen gegenüber. Die Berichte von Kulthandlungen und die Zeugnisse der Sagen und Erzählungen werden getrennt betrachtet, verglichen und wieder zusammengefasst. Insbesondere bei den jüngeren Sagen ist natürlich eine gewisse Vorsicht angebracht, denn was einem heidnisch erscheinen mag, kann u.U. auch christlichen Ursprungs sein. Dagegen hat Höfler nachhaltig deutlich gemacht, dass die Einschätzung Karl Meisens, nach der die Wilde Jagd aus dem christlichen Nikolausbrauch erwachsen sei und im Grunde keinen heidnischen Untergrund besitze, wissenschaftlich nicht haltbar ist.

In der folgenden Darstellung wird Höflers Buch über „Die kultischen Geheimbünde der Germanen“ besonders wertvoll sein. Durch seine bereitwillige Verstrickung in den Kulturbetrieb des Nationalsozialismus war Höfler nach dem Krieg diskreditiert – in der deutschen Forschung bis heute, auch wenn man ihm bei aller Kritik profundes Faktenwissen und brilliante Quellenkenntnis zugesteht.

Aber gerade bei diesem Werk handelt es sich vorrangig um eine reine Quellensammlung, mit der Höfler belegen kann, dass es sich bei der Wilden Jagd nicht um ein Spukphänomen oder einen reinen Mythos, sondern um die konkreten Umzüge Vermummter gehandelt hat, deren Ursprung er auf das Brauchtum ältester Kriegerbünde zurückführt. In der internationalen Forschung  genießt Höfler deshalb auch wesentlich mehr Anerkennung. Der Archäologe Neil Price betont die nach wie vor große Bedeutung von Höflers Arbeiten und die Indogermanistin Kris Kershaw schreibt: „…dass es unmöglich ist, weiterhin Höflers Funde zu verwerfen. Die gesamte Forschung hat sie nicht nur bestätigt, sondern dieselben Phänomene im ganzen indogermanischen Raum nachgewiesen, wo auch immer Informationen über Kulte und Mythen überliefert sind.“ Auch neuere Arbeiten von Kim R. McKone, Arnold H. Price und vor allem David W. Anthony beruhen auf Höflers Grundlagen.

Karl Meulis Untersuchungen über das Maskenwesen erhärteten den Grundcharakter der Forschungen zusätzlich, so dass man sagen muss, dass Höfler die Bedeutung der Wilden Jagd im großen und ganzen erfolgreich rekonstruiert und erklärt hat. Er stützt sich dabei auf die Forschung der Initiationsriten der Jünglingsbünde von Lily Weiser, die eine wichtige Vorarbeit dazu geliefert hat. Wodan ist der wilde Jäger bei den Südgermanen, wie Odin es im Norden ist. Auch hier findet man eine genaue Entsprechung des Gottes. Während die Idealisierungen der Wikingerzeit ein eher überhöhtes Bild des Gottes hervorbrachten, findet man in der wilden Jagd die Grundbedeutung am klarsten, und es lässt sich sogar eine Entwicklung anschaulich machen.

Sagenforschung, Entwicklungen und Umbildungen

Erstaunlich ist, wie zäh sich die Wilde Jagd, bzw. die Vorstellungen vom Wilden Heer bis auf den heutigen Tag tradiert haben. Das geschah natürlich nicht ohne christliche Umbildungen und Einflussnahme, doch die wesentlichen Teile entspringen heidnischer Vorstellungswelt. Daher sei ein kurzes Wort zur Sagenforschung angebracht.

Bei der Sichtung der Sagenquellen muss man der Möglichkeit gewahr sein, dass es christliche Umbildungen gibt, aber auch auch rein christliche Sagen, die man für heidnisch halten könnte. Es gibt vielfach Vermischungen von christlichen und heidnischen Motiven und eingewanderte heidnische Motive in christlichen Vorstellungen. Daneben muss man auch mit Umbildungen nach höfischem Geschmack oder mit rein pädagogischen Motiven rechnen, die keinen tieferen mythologischen Sinn besitzen: Wenn beispielsweise gerügt wurde, dass eine Arbeit über den Feierabend hinaus fortgesetzt wird, also noch nach dem „Aveläuten“ oder dem „Lichtläuten“, dann erscheint der wilde Jäger in den Sagen auch schon einmal als Kinderschreck für Erwachsene. Ein zentrales Motiv ist das nicht. Denn wenn auch die Arbeit über den Feierabend hinaus, die Beachtung von Fest und Ruhezeiten auch anderswo vermerkt wird, wenn auch der Jäger im Sturmwind dem, der ihm begegnet, gefährlich werden kann, so ist er eigentlich doch kein Dämon, der häusliche Verfehlungen ahndet.

Der Nachweis solcher Entwicklungen ist erst nach umfassenden Studien möglich, und eine Umbildung liegt selten auf der Hand. So erscheint der Jäger in christlicher Umbildung natürlich auch als negativer Dämon, und das wilde Heer wird zu einer Horde aus Verbrechern und Verdammten. Es sind dann ungerechte Richter, grausame Schlossvögte, Sonntagsschänder oder leidenschaftliche Jäger die „zur Strafe“ für ihr Vergehen im „wilden Gejaid“ mitfahren müssen. Die Umbildung des Heeres zur Strafangelegenheit wird im christlich inspirierten Volksglauben im übrigen dann auch den Prälaten zuteil, die sich der Gier und Völlerei hingaben. So wie auch christlicher Aberglaube erklärt, dass derjenige, dem die „Tagwildnis“ begegnet, anschließend „vom Teufel besessen“ sei, erklärt das Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens schließlich, dass der wilde Jäger auch sonst als Menschen- und Christenfresser gilt – wozu der örtliche Pfarrer meist guten Rat erteilt. Bekannt ist der Münchner Nachtsegen, in dem es heißt, dass der Jäger „von hinnen gehen soll mit alle sine man“.

Der heidnische Kern der Sagen, der uns natürlich mehr interessiert, tritt dort, wo er vorhanden ist, durch Häufung einzelner Motive zutage, die gleichzeitig in einem sinnhaften Zusammenhang stehen. Auch wenn die Unternehmung der Sichtung vieler Sagen mühsam ist,  lassen sich doch besonders in der Wilden Jagd bestimmte Hauptmotive ausmachen, gemeinsame Details die immer wieder in einem bestimmten Kontext zusammenstehen.
Zunächst ein allgemeiner Überblick:

Die Namen der Wilden Jagd sind auch wildes Heer, wütendes Heer, Wutanes her, in Schwaben Muotes her, in Böhmen, Schlesien und Posen ist es der Nachtjäger. Um die Harzgegend streift der Helljäger, in Mecklenburg und Schleswig-Holstein der Wode. Die Wilde Jagd ist überall im deutschen Sprachraum bekannt, aber auch darüber hinaus in ganz Europa. Wodan wird zumeist als Führer des wilden Heeres genannt, aber zuweilen – je nach Ursprungsort – auch gemeinsam mit Freyja, Frigga, meist Holla, Holda, Fru Gaur, Frau Gaudens bzw. Perchta, auch Berchtra, Bert(h)a, Quartemberchta, die als weibliche Gestalt auch allein als Führerin der Schar in Erscheinung tritt.

Die Odensjakt, den flyvende Jäger, Groenjette kennt man in Dänemark (vor allem auf Fünen), das jolareidi, oskoreidi  in Norwegen, Norschütz in Schweden. In England fährt Horne the Hunter oder Hurleywanvi im furious wirl wind. In der Normandie findet man altfranzösische Belege aus dem 13. Jahrhundert, die von der Mesnie Hellequin oder der Herlechini familia berichten. Aber auch sonst ist in Frankreich die Chasse Herode oder Chasse macabre bekannt, in Belgien die mesnie furieuse, in den Niederlanden der woedene Leger. Die Erzählungen entsprechen sich in den Hauptzügen, zuweilen bis ins Detail. Mit der herlechina familia hängt auch eng der „Harlekin“ zusammen und – wie wir noch sehen werden – ebenso die Umzüge zur Karnevals- bzw. Faschingszeit. Die Wilde Jagd heißt auch Asenfahrt und ist in Griechenland als Schar der Hekate bekannt, in Indien sind es die Maruts, die mit Gesang und Geheul durch die Nacht brausen. Gleichartige Mitteilungen finden sich auch anderswo im indoeuropäischen Raum.

Die Vorstellung, dass die Seelen im Wind umherziehen, ist eine sehr ursprüngliche Vorstellung, und beweist sich durch den Umstand, dass sie nicht auf die indoeuropäischen Völker beschränkt sondern weltweit anzutreffen ist. Bei den Südseeinsulanern ziehen im nächtlichen Sturm die Geister der Verstorbenen umher, denen ebenso wie auf Sumatra und Neu-Guinea schlechte Ernten oder Krankheiten zugeschrieben werden. Die europäischen Auswanderer nach Nordamerika haben den wilden Jäger mitgenommen und als mythischen Cowboy – als Ghost Rider in the Sky – weiter tradiert, und treffen dort auf gleichartige Vorstellungen von umherschweifenden Totengeistern bei den Indianern. Den Buschmännern der Kalahari sind die Seelenscharen bekannt und bei näherem Hinsehen dürfte man auf dem afrikanischen Kontinent weitere Quellen finden. Die Auflistung macht deutlich, dass es sich hier nicht nur um lokales Brauchtum handelt. Die Wilde Jagd und verwandte Mythen verdeutlichen durch die enorme Verbreitung und Kultivierung bei verschiedenen, voneinander unabhängigen Völkern ein Grundmythologem, das einen zwingenden Anspruch auf Beachtung verdient.

Wir werden uns in der folgenden Annäherung weitgehend auf den deutschsprachigen Bereich beschränken und es dürfte schon deutlich sein, dass es bei dem begrenztem Platz um nicht viel mehr als einen Eindruck gehen kann.

Wildes Heer und Wilde Jagd

Unterscheiden lässt sich die Wilde Jagd zum einen als dämonische Schar, die am Himmel oder im Sturmwind daherfährt. Zum anderen werden die menschlichen Umherjagenden, das Julevolk oder die Perchten (als Mehrzahl der Percht) im Brauchtum als das Wilde Heer beschrieben. Das von Menschen dargestellte Totenheer (wie auch die Sagen um die Percht) scheint in Süddeutschland und den Alpenregionen weiter verbreitet zu sein, während in den Sagen der wilde Jäger auf seinem Pferd und mit seinen Hunden sowohl allein als auch in Begleitung der Seelen auftritt. Die Bezeichnungen „Heer“ und „Jagd“ gehen zuweilen  durcheinander. Man kann unterscheiden zwischen der religiösen, dämonischen Vorstellung und dem menschlichen Brauchtum, das als ekstatischer Kult die Spiegelung des Seelenheeres darstellt. Diese Darstellung  – um es vorwegzunehmen – ist aber nicht imitative Nachahmung, sondern eher in ein Verhältnis der Symbiose von Natur und Kultur eingebettet und erklärt die unmittelbare Beziehung von Lebenden und Ahnen.

Die Jahreszeiten, in denen die Wilde Jagd umherzieht, lassen sich besonders auf die Rauhnächte, Zwölfnächte, die Bolter- oder Anrollnächte festlegen, die ab der Wintersonnenwende (meistens der 21. Dezember) zwölf Nächte dauern, und die ihren Abschluss im neuen Jahr vom 2. auf den 3. Januar haben. Nicht selten finden sich auch Datierungen der Zwölften vom 24. Dezember bis zum 6. Januar. Das lässt sich letztlich auf die gregorianische Kalenderreform zurückführen. Nach dem früheren julianischen Kalender fiel die Wintersonnenwende, der Beginn der Zwölften, auf den 24. Dezember. Mit der exakteren Berechnung des heute noch gültigen Kalenders hat sich das Datum verschoben. Die Rauhnächte sind die Zeit zwischen den Jahren und resultieren aus der Zeitverschiebung, die sich aus dem unterschiedlich langen Mond- und Sonnenjahr ergibt. Die „Zeit zwischen den Jahren“, die Rauhnächte, sind der Anlass für alle möglichen Orakel, Zukunftsschau und Vorsichtsregeln, weil es auch eine unsichere Zeit ist, in der die Verstorbenen die Lebenden besuchen. Neben den Rauhnächten tritt die Wilde Jagd noch einmal zum beginnenden Frühling, im Februar oder Anfang März auf, wenn die verstorbenen Ahnen wieder zum Gehen aufgefordert werden. Weitere Quellen sprechen vom Auftauchen der Jagd auch vor besonderen Ereignissen in der Julzeit, vor großen Festen und Ereignissen und frühestens mit dem Ausklang des Herbstes und Beginn des Winters. Der November bedeutet den Anfang der Julzeit. Eine exakte jahreszeitliche Bestimmung ist nicht bekannt, doch der November markiert den Beginn der winterlichen Ernte- und Ahnenfeste. Der altenglische Kalender bei Beda Venerabilis kennt die Begriffe „früher und später Julmonat“ (Ærra Geola und Æfter[r]a Geola), womit Dezember und Januar gemeint sind. Eine grobe Eingrenzung der Julzeit lässt sich von November bis Ende Februar ziehen.

In der Wilden Jagd ziehen die Seelen der Verstorbenen umher. Während in der Julzeit allgemein die Seelen der Ahnen die Lebenden besuchen, sind die Seelen der Wilden Jagd die Verstorbenen, die eines vorzeitigen Todes gestorben sind. Mit in der Jagd ziehen gefallene Krieger und ungetaufte Kinder, sowie „alle Ekstatiker, deren Seelen ausschweiften und nicht mehr in den Körper zurückkehrten“. Es sind Getötete oder „die lieben Seelen die durch Unfall, Krieg oder durch schlimme Nachrichten vor Schreck umkamen‚ vor ihrem gesetzten Ziel.“

Das Erscheinungsbild der wilden Jagd ist gewöhnlich, dass sie wild umherstürmt und einen ungeheuren Lärm macht: Pferde wiehern, Hunde bellen, Glocken schellen und es ist ein großes Geschrei. Die Zimmernsche Chronik schildert den Heerzug folgendermaßen (ein fränkischer Adliger von Seckendorf wird desselben am frühen Morgen gewahr):

„Wie er (der Seckendorfer) einen kleinen Weg ins Holz ritt, hörte er ein wunderbarliches Geschrei, Getöse, Klingeln und Jammern mit einem großen Gepolter, als ob alle Bäume im Wald entzwei brächen und umfielen. Dem Seckendorfer war es dabei nicht geheuer, denn er konnte nicht wissen, was das für ein Wesen sei, doch hörte er wohl, dass es sich näherte. Er ritt deshalb auf die Seite und versteckte sich zwischen den Bäumen. Da sah er eine wunderlichen Reiterei vorbeikommen; die einen hatten keinen Kopf, die anderen nur einen Arm, die Rosse etwa nur zwei Füße, oder auch ohne Haupt, viele Fußgänger liefen mit, von denen hatte der eine nur einen Schenkel, ein anderer nur eine Hand, viele waren ohne Kopf oder halb verbrannt, manche hatten auch bloße Schwerter durch den Leib“

Zu Beginn des Jahres 1091 schildert ein christlicher Priester aus Bonneval in der Normandie die Familia Herlechini, ein Erlebnis, das er dem Ordericus Vitatis anvertraut und der es in seiner Kirchengeschichte niedergelegt hat:

„Der Priester vernahm nachts auf seinem Rückweg von einem Kranken, weit von menschlichen Behausungen entfernt, zunächst ungeheuren Lärm, den er einem menschlichen Heer zuschrieb. Er schwankte, ob er fliehen solle, und versteckte sich unter einigen Bäumen. Es kam ein riesiger Mann, der eine mächtige Keule trug, und zwang den Priester zum Stehenbleiben, und so erwarteten sie beide das vorüberziehende Heer. Erst kam eine gewaltige Schar zu Fuß, die Vieh, Gewänder, allerlei Hausgerät und Gebrauchsgegenstände über den Schultern schleppten, wie es Räuber zu tun pflegen, und die sich gegenseitig zur Eile mahnten. Es folgte eine Menge Krieger, denen sich der Keulenträger plötzlich anschloß. Es wurden etwa 50 Bahren von Trägern getragen, worauf zwerghaft kleine Menschen saßen, mit Köpfen so groß wie Fässer. Es kamen Kleriker und Würdenträger vorbei, die der Priester im Himmel wähnte, und nun nahte ein riesiges Heer von Kriegern, farblos, schwarz, feuersprühend, die saßen voll bewaffnet auf ihren Pferden, als eilten sie in die Schlacht. Der Priester denkt: ‚Ohne Zweifel ist das die Herlekinsschar. Viele haben erzählt, dass sie sie einst sahen. Doch ich verlachte ungläubig die Erzählungen, weil ich keinen Beweis sah.‘ Daraufhin versucht der Priester eines der reiterlosen Pferde mitzunehmen. Er fasst ein schwarzes Tier am Zügel, aber es reißt sich los, ein anderes stößt eine Dampfwolke aus, der Fuß im Steigbügel wird glühend heiß, die Hand am Zügel eiskalt. Da eilen vier Reiter herbei und wollen ihn zur Strafe für den Pferderaub mitnehmen. Doch er wird von seinem Bruder, der auch in dem Zug ist, befreit.“

Das wilde Heer ist häufig beritten. Pferde und Hunde spielen immer wieder eine bedeutende Rolle. Zuweilen – so in der Schweiz – wurde die Wilde Jagd auch als ein Rudel schwarzer Rosse ohne menschlichen Führer vorgestellt. Ein Sagenbericht aus dem Odenwald erzählt, dort „gieng ein schwarzer Hund; der gab laut, und die Leute sagten, dieser sey der wilde Jäger.“ Der griechischen Hekate folgen ebenfalls Hunde und sie selbst wird in eine Hündin verwandelt vorgestellt. Der Hund löst mit der Zeit den Wolf ab. Nach nordischer Tradition sind zwei Wölfe die Begleiter Odins, doch noch Hans Sachs, der im 16. Jahrhundert das Schembartlaufen überliefert, nennt die Wölfe „Jagdhunde Gottes“.

Einen sehr ähnlichen Bericht erhalten wir von Joh. Agricola aus dem Jahr 1592, den ich hier in allgemeinverständliche Sprache überführt habe:

„Ich habe neben anderen gehört, von dem würdigen Herrn Johan Kennerer, Pfarrherr zu Mansfeld, seines Alters über achtzig Jahr, dass zu Eisleben und im ganzen Land zu Mansfeld das wütend Heere (so haben sie es genannt) vorüber gezogen sei, in jedem Jahr zu Fasnachts Donnerstag. Und die Leute sind zugelaufen und haben darauf gewartet nicht anders, als sollte ein großer mächtiger Kaiser oder König vorüberziehen. Vor dem Haufen ist ein alter Mann hergegangen, mit einem weißen Stabe, der nannte sich selbst den treuen Eckhard. Dieser alte Mann warnte die Leute, aus dem Weg zu gehen, und manche, dass sie nach Hause gehen sollten, weil sie sonst Schaden nehmen könnten. Nach diesem Mann kamen etliche geritten und gegangen und dabei sind Leute gesehen worden, die letztens an den Orten gestorben waren, oder die teils noch lebten. Einer ritt auf einem Pferd mit zwei Füssen, der andere lag auf einem Rad gebunden und das Rad mit ihm umgelaufen. Der dritte hatte einen Schenkel über der Schulter und ist doch schnell gelaufen. Ein anderer hat keinen Kopf gehabt und ähnlich gab es sehr viele. In Franken ist das noch letztens geschehen, und zu Heidelberg am Neckar hat man’s oft im Jahr gesehen, wie man mir berichtet hat.“

Die Schilderungen der Zimmernschen Chronik und die des Ordericus schildern die Jagd als einen Dämonenzug der Verstorbenen, wobei bei letzterem der Zug als eine durch einen christlichen Priester gefärbte Erzählung bereits latent als Strafangelegenheit vorgestellt ist. Der Unterschied zur Erzählung Agricolas liegt zum einen darin, dass er einen menschlichen Umzug schildert, der sich benimmt, als wäre er die Wilde Jagd, außerdem ist hier die Jahreszeit zu Fasching, bei Ordericus zu Beginn des Januars, also in den Zwölften, den Rauhnächten festgemacht. Die zeitliche Gebundenheit zur Weihnachtszeit und zum Fasching wird durchgängig bestätigt, so auch bei Joh. Prätorius der erklärt „… Am heil. Weyhnachten zeugt die Diana herüm mit ihrem wütenden Kriegsheer.“ An anderer Stelle heißt Diana: Frau Holle.

Der Wilden Jagd als Seelenzug entspricht das Wilde Heer als menschliches Pendant. Der nächtliche Zug der Seelen Verstorbener ist eine wahrgenommene Erscheinung. Doch der Ursprung des Wilden Heeres erklärt sich nicht allein aus imitatorischem Verhalten. Hier zieht Höfler weitere Berichte heran, die sich zeitlich und – wie wir noch sehen werden – auch inhaltlich an die Wilde Jagd angliedern.

Das wilde Heer

Der Bericht stammt von dem schwedischen designierten Erzbischof Olaus Magnus aus dem Jahr 1555, enthalten in seiner Historia de gentibus septentrionalibus. (Im Folgenden wird ein längerer Abschnitt Höflers zitiert):

„Da im 15. Kapitel dieses Buches von verschiedenen Arten von Wölfen die Rede gewesen ist, habe ich es für der Mühe wert gehalten, am Ende dieses Buches über die wilden Tiere hinzuzufügen, daß die Art von Wölfen, die in Wirklichkeit in Wölfe verwandelte Menschen sind — eine Art, von der Plinius (VIII, 22) mit Zuversicht beteuert, sie seien als erdichtete Fabelwesen zu betrachten — daß solche, sage ich, noch heute in großer Zahl vorkommen, zumal in den nach Norden zu liegenden Ländern. In Preußen, Livland und Litauen müssen zwar die Einwohner fast das ganze Jahr über durch die Raublust der Wölfe großen Schaden leiden, da ihr Vieh überall in den Wäldern, wenn es nur ein klein wenig von der Herde abirrt, in großen Mengen von jenen zerrissen und verschlungen wird: und doch halten sie diesen Schaden nicht für so groß wie den, welchen sie von Menschen erleiden müssen, die sich in Wölfe verwandeln. Denn beim Feste der Geburt Christi rottet sich gegen Einbruch der Nacht an einem bestimmten Ort, den sie unter sich festgelegt haben, eine solche Menge von Wölfen zusammen, die sich aus Menschen, in verschiedenen Gegenden wohnhaft, verwandelt haben und die sodann in derselben Nacht mit unglaublicher Wildheit sowohl gegen das Menschengeschlecht als gegen alle übrigen Lebewesen, die nicht wild sind, wüten, daß die Bewohner jener Gegend durch sie einen größeren Schaden leiden, als sie jemals von wirklichen und natürlichen Wölfen zu ertragen haben. Denn wie man zur Genüge erfahren hat, belagern sie die Gebäude der Menschen, die im Walde wohnen, mit unglaublicher Wildheit, und sie versuchen sogar, die Türen aufzusprengen, um sowohl die Menschen wie die übrigen Lebewesen daselbst zu vernichten. Sie dringen in die Bierkeller ein und trinken dort etliche Tonnen Bier oder Met aus, und die leeren Fässer stellen sie in der Mitte des Kellers aufeinander: darin unterscheiden sie sich von geborenen und echten Wölfen. Zwischen Litauen, Samogitien und Kurland ist eine Mauer, der Rest einer verfallenen Burg, dort kommen zu einer bestimmten Zeit des Jahres einige Tausend von ihnen zusammen, und sie prüfen die Geschicklichkeit eines jeden im Springen: wer jene Mauer nicht überspringen kann, wie es den Dickeren meist geschieht, der wird von ihren Vorstehern mit Geißeln gepeitscht. Schließlich wird fest behauptet, daß unter jener Schar auch Große dieses Landes und Männer aus dem höchsten Adel sich befinden: Wie diese meistens zu solchem Wahnsinn und der äußerst schrecklichen Verwandlung kommen, der sie sich dann zu bestimmten Zeiten nicht zu entziehen vermögen, das soll im nächsten Kapitel gezeigt werden.“

Nach einer Polemik gegen Plinius, der den Werwolfglauben eine dreiste Lüge schalt, fährt Olaus Magnus fort:

„Zur Verteidigung der Mitteilungen des Euanthes, Agriopas und anderer Schriftsteller will ich hier mit einigen Beispielen zeigen, wie solches in den genannten Gegenden bis auf diesen Tag geschieht. Denn sobald einer, sei es ein Deutscher oder ein Eingeborener, gegen Gottes Gebot neugierig ist und sich der Genossenschaft jener verfluchten Menschen, die sich, sobald es ihnen beliebt, in Wölfe verwandeln, zuzugesellen wünscht, so daß er sein ganzes Leben hindurch zu bestimmten Zeiten des Jahres an festgesetzten Plätzen mit seinen Genossen zusammenkommt und Verderben, ja den Tod über die übrigen Sterblichen und das Vieh bringt, so erlangt er von einem, der in solcher Zauberei erfahren ist, diese Kunst, sich zu verwandeln, die der Natur ganz zuwiderläuft, nämlich indem jener ihm einen Becher Bier zu trinken gibt (wenn nur der, der sich jener verbotenen Gesellschaft anschließen will, ihn annimmt), wobei gewisse Worte gesprochen werden. Dann kann er, wann es ihm beliebt, seine Menschlichkeit ganz und gar in Wolfsgestalt verwandeln, indem er sich in einen Keller oder in einen entlegenen Wald begibt. Endlich steht es ihm frei, diese Gestalt nach Belieben nach einiger Zeit abzulegen und dagegen seine vorige anzunehmen.“

In diesem Bericht, den man etwas selektiv lesen muss, wird kein Dämonen- oder Geisterheer, sondern eine menschliche Schar beschrieben, die Bier trinkt, Fässer aufstapelt, aber die sich in „Wölfe“ verwandelte und entsprechend wild benahm. Höfler fügt diesem einen ähnlichen Bericht hinzu, der wiederum eine sich ganz ähnlich gebärdende Schar zeigt. Doch dieser Bericht ist fast 500 Jahre jünger und stammt aus dem 20. Jahrhundert:

„Im weltabgeschiedenen Lötschental verkleiden sich noch heute die Burschen, die älter als zwanzig Jahre sind, am Sonntag vor Fastnacht mit Pelzen, Schellengürteln und Holzmasken und stürmen, während Weiber, Kinder und die jüngeren Burschen sich um ein Uhr mittags in die Häuser einsperren, unter lautem Gebrüll durch die Straßen. Ihre Wildheit wird von den Gewährsmännern als etwas ‚Grauenerregendes‘ geschildert. Man gibt ihnen Fleisch und Sahne.“

Das Wüten gegen Mensch und Tier, die Verfolgung, das Kratzen und Hämmern an die Tür und die gleichzeitige Mahnung, in der Zeit, wenn die Wilde Jagd umherzieht (in den Zwölften), nicht aus dem Haus, in den Wald zu gehen oder zu reisen, Fenster und Türen zu verriegeln, ist ein häufiger Zug in den Sagen. Der Bericht über das Lötschental deutet wieder auf die Zeit der Fasnacht. Dem stellt Höfler im folgenden einige Parallelen zur Seite:

 „Wie Vuk Stephanovic erzählt, sind besonders im Winter zur Weihnachtszeit die vlkodlaci (Werwölfe) häufig zu sehen (!)‚ und in der russischen und rusinischen Weihnachtsfeier spielen Vermummungen in Wölfe durch umgehängte Wilcuren (d. i. Wolfspelze) und ein Herumrennen in denselben durch die Gassen eine Hauptrolle.
Schon Hanush weist übrigens auf ein Gegenstück dieser zeitlich gebundenen alljährlichen Werwolf-Verwandlungen hin, das sich in Herodots Bericht über die Neuroi findet: ‚Die Skythen und die Hellenen, die in Skythien wohnen, berichten, dass einmal in jedem Jahr jeder von den Neurern für einige Tage zum Wolfe wird und darauf wieder seine alte Gestalt annimmt.‘
Nach W. Hertz fürchtet man auch bei Serben und Neugriechen, ja in Mytilene und selbst in Kleinasien die Werwölfe besonders zu Weihnachten. Eine Menge von Belegen hat schon Joh. Prätorius in der Propositio IV seiner Saturnalia unter dem Titel zusammengestellt: ‚Am heiligen Weynachten werden etliche Leute zu Wehr-Wolffen.‘
Zu den Sagen über den Spuk unserer ‚Zwölften‘ aber, dieser zwölf Geistertage und -nächte, halte man folgende Notiz W. Vendenhaimers, eines Hörers von Melanchthon, aus dem Jahre 1557: ‚Ein wegen Zauberei angeklagter Mann in Livland habe vor seiner Hinrichtung gestanden, er sei alljährlich für zwölf Tage (!) zum Wolfe geworden; nach dem Geburtsfest Christi (!) sei ihm ein kleiner Knabe erschienen, der ihn sich in einen Wolf verwandeln hieß. Habe er dies unterlassen, sei eine schreckliche Gestalt mit einer Geißel gekommen, und so sei er in einen Wolf verwandelt worden. Dann seien viele andere Wölfe zusammengeströmt, sie seien durch die Wälder gelaufen und hätten Vieh zerfleischt, Menschen hätten sie jedoch nicht beschädigen  können. Während die Gestalt mit der Geißel voranging, zitterten (?) sie in einem Flusse. Und dies sei alljährlich zwölf Tage hindurch geschehen. Dann habe er wieder menschliche Gestalt angenommen.‘
Dieser Bericht schildert ja offenbar eben dieselbe baltische Weihnachtssitte, die wir durch Olaus Magnus kennen. Doch ist sie nicht von dem schwedischen Historiker abhängig und ergänzt dessen Mitteilung in höchst wesentlicher und wertvoller Weise: Erstens hören wir, daß das Geistertreiben der dämonischen Wölfe gerade die ‚Zwölften‘ erfüllte, die zwölf Tage nach der Weihnacht.“

Schon Jacob Grimm hat die Sagen vom Wilden Heer mit den Angaben Tacitus über die Harier in Zusammenhang gebracht. Der Zug der Seelen, das Toben des Heeres im Brauchtum und die alte Angabe des römischen Schreibers verschmelzen bei Höfler zu einem Kontext, den schon Ninck und de Vries wohlwollend aufgriffen. Der Ursprung des Brauchtums orientiert sich an der Erscheinung der Wilden Jagd, wie sie als nächtliche Schar beschrieben wurde. Doch die in dem Zusammenhang genannten zu Werwölfen verwandelten Menschen deuten darüber hinaus auf eine kultische Form archaischer Bünde, die sich ursprünglich aus einem Initiationsritual für junge Krieger speiste. Tacitus schreibt:

„Übrigens kommen die Harier über ihre Kräfte hinaus, durch die sie die kurz zuvor aufgezählten Völker übertreffen, der angeborenen Wildheit trotzig durch List und Zeit(planung) zu Hilfe: schwarz sind ihre Schilde, geschwärzt ihre Körper; für die Schlachten wählen sie dunkle Nächte aus, und durch dieses Entsetzens- und Schattenbild eines Totenheeres jagen sie Schrecken ein, da kein Feind den ungewohnten und gleichsam höllischen Anblick erträgt; denn zuerst werden in sämtlichen Schlachten die Augen besiegt (Germ. 43,4).

Tacitus listet die Harier neben den Markomannen, Quaden und Sueben unter die Stämme. (Germ 43,1). Lange hat man daher in den Hariern einen Stamm unter vielen verstanden. Wahrscheinlicher ist, dass die Harier das „Heer der Lugier“ gewesen sind, schreibt Kershaw. Tacitus versteht unter dem Gebaren und Aussehen der Harier wohl eine Art von psychologischer Kriegsführung und hält die nächtlichen Angriffe für Täuschungsmanöver. In der Tat war dies wohl nicht gelegentliche List, ein Trick, der sich nach einer gewissen Zeit abgenutzt hätte, sondern fester Brauch, der im übrigen nicht von erwachsenen und ausgebildeten Kriegern durchgeführt wurde, sondern von erst kürzlich zu Kriegern initiierten Jugendlichen. Kris Kershaw zieht hier die weiteren Tacitus-Stellen über den Stamm der Chatten heran: 

Es ist bei ihnen Sitte, „sobald sie herangewachsen sind, Haar und Bart wachsen zu lassen und diese Gestalt des Gesichts, die sie gelobt haben und die sie zur Tapferkeit verpflichtet, erst wieder abzulegen, wenn sie einen Feind erschlagen haben. Über dem Blut und der Beute enthüllen sie ihre Stirn und erklären, jetzt erst hätten sie den Lohn ihrer Geburt davongetragen und seien des Vaterlandes und der Eltern würdig. Feiglinge und Unkriegerische behalten das struppige Aussehen. (2) Die Tapfersten tragen darüber hinaus einen Eisenring wie eine Fessel – das gilt bei dem Volk als schimpflich -, bis sie sich durch das Töten eines Feindes davon lösen. Sehr vielen Chatten gefällt dieser Aufzug, und sie ergrauen mit diesen Kennzeichen und werden den Feinden wie den eigenen Leuten vorgezeigt. (3) Ihnen obliegt der Beginn aller Kämpfe; sie bilden stets die erste, im Anblick ungewöhnliche Schlachtreihe; denn nicht einmal im Frieden bändigen sie sich durch einen milderen Gesichtsausdruck. Keiner besitzt ein Haus oder einen Acker oder etwas, worum er sich sorgt; zu wem sie auch kommen, werden sie verpflegt, verschwenden fremdes Gut und verachten das eigene, bis das kraftlose Alter sie so hartem Heldentum nicht mehr gewachsen sein läßt.“ (Germ 31)

Die Erwähnung erinnert neben der Initiation zum Krieger auch an die nordischen Berserker, auf die wir später noch eingehen werden.

Initiation

Auch die kurze Angabe über die Chatten wird man sich nicht als vollständige Initiation vorstellen dürfen, denn es ist ja abwegig, dass junge Männer nichts anderes zu tun hätten, als im verwahrlosten Zustand auf eine Gelegenheit zu lauern, jemanden zu erschlagen, damit sie sich endlich die Haare schneiden lassen dürfen.

Lily Weiser hat 1923 eine Abhandlung mit dem Titel „Altgermanische Jünglingsweihen und Männerbünde“ vorgelegt, auf die sich Otto Höfler in seiner Studie mehrfach und ausdrücklich bezieht, und die eine Vorwegnahme der Thematik darstellt. Weiser erklärt die Initiation unter Berufung auf weitere Forscher als Übergangsriten (rites des passages). Die Übergänge im menschlichen Leben bezeichnen entscheidende Wendepunkte, die durch verschiedene rituelle Handlungen begleitet werden. Wesentlich ist dabei, wie der einzelne diese Wendemarken empfindet und dass sie auch von anderen als solche anerkannt werden. Die Initiation ist eine „Einsetzung“ in einen neuen Lebensabschnitt und gleichzeitig auch die Loslösung aus einem anderen. Dazu zählen etwa Geburt in Form der Namengebung und Anerkennung des Kindes sowie der Tod in Form von Trauerritualen für die Hinterbliebenen wie auch für den Toten selbst, der schließlich aus dem Zustand des Lebens in einen anderen, den des Todes wechselt. Diese Riten sind vollkommen unterschiedlich, besitzen jedoch immer den Hintergrund der Lebenswende: Hochzeit, (Tanz, Mahlzeiten, u.a.) Haus- oder Wohnungsbezug (zu dem der Polterabend gehört) und letztlich die Initiation der Kinder in den Stand von Erwachsenen. Letzteres nennt Hauer „die uralte Zentralhandlung des Stammes“

Diese Initiation teilt sich in drei Bereiche auf: erstens Trennung (separation), zweitens Zwischenzeit (marge) und drittens die Einführungsriten in den neuen Lebensabschnitt (aggregation). Von besonderer Bedeutung ist dabei die Zwischenzeit, in der sich Junge oder Mädchen in einem Ausnahmezustand befinden, zwischen zwei Welten, der einen entwöhnt, der anderen noch nicht zugehörig. Die Initiation der Mädchen in den Stand der Frau ist nach Weiser weniger öffentlich und man kann sich denken, dass ihr Beginn offensichtlicher ist als bei jungen Männern. Die weibliche Initiation wird auch individueller gewesen sein, da sie sich an den einsetzenden Regelblutungen orientiert haben wird. Anders bei den Jungen, deren Pubertätsbeginn sich eher über eine gewisse Zeitspanne hinzieht. Über die Initiation der Jungen, die gemeinsam mit mehreren Jünglingen stattfand, ist deshalb auch wesentlich mehr bekannt.

Der Zeitraum, in dem die Initiation der Jungen und dabei vor allem die Zwischenzeit oder „Buschzeit“ stattfand, ist je nach Quelle und Herkunft unterschiedlich und liegt zwischen einigen Tagen bis zu mehreren Jahren. Ebenso unterschiedlich sind die Handlungen und die Art der Übergangszeit. Es ist vor allem eine Lernzeit, die den Jüngling (wie in anderer Weise auch die Mädchen) über verschiedene Dinge aufklärt. Bewährungsproben, in denen Mut und Tüchtigkeit (der Begriff „Tugend“ bedeutet nur „tüchtig sein“) abverlangt werden, praktische Wissensvermittlung zur Überlebensnotwendigkeit und die Vermittlung religiöser Zusammenhänge und Kenntnisse über die Bedeutung der Riten, bei denen der Junge bislang nur unwissender Teilnehmer war, wird die Lernzeit umfasst haben; zumindest ist das in einigen Fällen konkret nachweisbar und die Grundelemente der Jünglingsinitiation erschließen sich aus dem Kontext, in dem die Quellenangeben gehalten sind. Neben dem Bemalen und Entstellen des Körpers kann auch die absichtliche Verwahrlosung Teil der Loslösung vom vorherigen Leben sein (s. die Beschreibung der Chatten). Um aus der Lernzeit in den neuen Lebensabschnitt zu wechseln, kommt es sogar vor, dass die Initianden einige gewöhnliche Dinge – wie gehen und essen – neu lernen müssen, wie Weiser schreibt. Man wird das aber kaum für eine allgemeine Sitte nehmen dürfen, sondern als Angabe, die als extremes Beispiel diese Loslösung in der Zwischenzeit illustriert. Eine große Rolle spielt der Umgang mit Waffen, die dem männlichen Initianden beim Abschluss (aggregation) übergeben werden und die er zuvor nicht besitzen durfte. Allgemein üblich waren die Übergabe bestimmter Kleidungsstücke, die Gewährung bestimmter soziale Rechte, die Abforderung von Pflichten, etwa der richtige Umgang mit Frauen und weitere Verhaltensweisen, die sich auf Begriffe wie Ehre und Adel der Gesinnung gründeten, das Erlernen von Kulttänzen, zuweilen einer Geheimsprache, ebenso Verbote (etwa weiter mit den Kindern zu spielen). Die Übertragung eines neuen Ritual-Namens ist ebenfalls bezeugt.

Diesen Übergangsriten der Jünglinge stehen im allgemeinen weitere Riten zur Seite, wie etwa die Adoption in eine Sippe, Hochzeitsbräuche, oder die initiatorische Ausbildung zum Schamanen durch einen erfahrenen Schamanen. Darauf werden wir hier aber leider nicht weiter eingehen können. Es sei an dieser Stelle nur darauf hingewiesen, dass der Bereich der Initiation ein weit verzweigter Komplex ist, der verschiedenen Anlässen auch verschiedene Bedingungen, Aufgaben und Handlungen abverlangt. Erwähnenswert ist die soziale Komponente der Pubertätsinitiationen: Man darf hier den in allen Zeiten zu beobachtenden Kampf der Generationen anführen. Die Anerkennung der Jugend durch die Älteren bedeutet durch die Übertragung sozialer Rechte auch die allgemeine Anerkennung der neuen Erwachsenen in der Gesellschaft eines Stammes.

In den oben erwähnten Überlieferungen finden sich für den Umzug des Wilden Heeres Reste initiatorischer Bewährungsproben: In der Notiz Vendenhaimers wird „ein Führer mit einer Geißel“ (einer Art Peitsche) erwähnt, durch den der Mann in einen Wolf „verwandelt“ wurde. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um den bekannten „Eckhard“, der in anderen Sagen als Warner dem Heer vorangeht. Bei Vendenhaimer findet sich der etwas unklare Satz: praeeunte illo spectaculo cum flagello pavisse eos in lutnine, den Höfler übersetzt in: „während jene Erscheinung mit der Geißel voranging, zitterten sie in einem Fluß.“ Das lässt sich als Probe ebenso interpretieren wie die Angabe bei Olaus Magnus, in der wir erfahren, dass man über eine bestimmte Mauer springen musste, und dass dies nicht jeder schaffte. Der Bericht über die lärmende Schar im Lötschental wird in einem anderen Bericht wiederum dadurch ergänzt, dass die Mitglieder der Lötschentaler Perchten zuvor mit einer schweren Last über die Lonza, den wilden Gletscherbach des Tales springen mussten. Das mittelalterliche und auch neuere Brauchtum bewahrte hier also mit den Proben für die Mitglieder, die am Heer oder dem Springen teilnehmen wollten, einen Rest der ursprünglich umfangreicheren Initiationen.

Der Warner

Der Warner, der dem Zug vorausgeht, ist meist namenlos, manchmal nennt er sich Eckhard.
So wird in Schwaben wiederholt berichtet, dass dem Zug einer vorausschreitet, der ruft: „Äussern Weg, aussem Weg / Dass Niemand beschödigt werd“, oder „Äussern Weg! / Dass Niemand was g‘scheh!“ Diese Tradition wird auf sehr alte Zeit zurückgehen, denn schon bei Ordericus steht, wie oben angegeben, dass der Keulenträger beim Priester bleibt, bis der Zug eingetroffen ist, und ihm kein Leid zufügt. Bei den Brüdern Grimm ist die Sage „Frau Holla und der treue Eckart“ aufgezeichnet:

„In Thüringen liegt ein Dorf namens Schwarza, da zog Weihnachten Frau Holla vorüber und vorn im Haufen ging der treue Eckart und warnte die begegneten Leute, aus dem Wege zu weichen, daß ihnen kein Leid widerfahre. Ein paar Bauernknaben hatten gerade Bier in der Schenke geholt, das sie nach Haus tragen wollten, als der Zug erschien, dem sie zusahen. Die Gespenster nahmen aber die ganze breite Straße ein, da wichen die Dorfjungen mit ihren Kannen abseits in eine Ecke; bald nahten sich unterschiedene Weiber aus der Rotte, nahmen die Kannen und tranken. Die Knaben schwiegen aus Furcht stille, wußten doch nicht, wie sie ihnen zu Haus tun sollten, wenn sie mit leeren Krügen kommen würden. Endlich trat der treue Eckart herbei und sagte: ‚Das riet euch Gott, daß ihr kein Wörtchen gesprochen habt, sonst wären euch eure Hälse umgedreht worden; gehet nun flugs heim und sagt keinem Menschen etwas von der Geschichte, so werden eure Kannen immer voll Bier sein und wird ihnen nie gebrechen.‘ Dieses taten die Knaben und es war so, die Kannen wurden niemals leer, und drei Tage nahmen sie das Wort in acht. Endlich aber konnten sie‘s nicht länger bergen, sondern erzählten ihren Eltern von der Sache, da war es aus und die Krüglein versiegten. Andere sagten, es sei dies nicht eben zu Weihnacht geschehen, sondern auf eine andere Zeit.“

Die obengenannten Reste initiatorischer Bewährungsproben lassen vielleicht den Schluss zu, dass es sich bei dem Warner um eine zentrale Gestalt für das wilde Heer handelt.

Verkleidung und Verwandlung, Maskenwesen

Das Maskenwesen ist schon aufgrund der Vielzahl an Masken, die unterschiedliche Bedeutungen haben und zu unterschiedlichen Zwecken eingesetzt wurden, kaum überschaubar. Sieht man von rationellen Vermummungen ab, etwa der Verkleidung zum Zweck der Tarnung, ist die Maskierung in Religion und Brauchtum in den allermeisten Fällen mit der Darstellung von Totengeistern verknüpft. Individuellen Totenmasken steht im Brauchtum vor allem die Darstellung des „Volkes der Ahnen“ wie auch die dämonischer Wesen zu Seite. Die Darstellung ist nicht unbedingt an die Masken selbst gebunden, es reicht zuweilen auch das Bemalen, Färben von Haut und Haaren und andere Veränderungen der normalmenschlichen Erscheinung als kennzeichnende Verwandlung.

Neben hölzernen Masken gehört auch die Fellverkleidung zum Mittel sich in den beabsichtigten anderen Daseinszustand hineinzubegeben. Eine große Rolle spielt dabei die Verkleidung in bestimmte Tiere. In weiten Teilen der Welt wird dies mit totemistischen Vorstellungen verknüpft und auch bei den Germanen sind Tierverkleidungen, besonders im Zusammenhang mit der wilden Jagd häufig anzutreffen, sie sind sogar ein zentraler Bestandteil. Auch wenn man den Totemismus, der vom Konzept her einen Tierahnen für den Stamm erwarten ließe, für die Germanen nicht zweifelsfrei nachweisen kann, spielt dieser Aspekt doch eine, wenn auch weniger gewichtige Rolle. Aus kirchlichen Predigten und Verordnungen geht eindeutig die Verwendung von Verkleidungen in Pferd, Hirsch, Eber, Hund (Wolf), Rind u.a. hervor. Diese Tiere sind natürlich als Attribute verschiedener Götter bekannt und man darf annehmen, dass diese Anlehnung nicht unbeabsichtigt ist.

Höfler hat nach der Vorarbeit Weisers mit großem Geschick Teile der Initiationsumstände aus der Völsungensaga herausgefiltert und sie auch in der Ynglingasaga verortet. Die ekstatische Verwandlung des jungen Kriegers – unterstützt durch die Verkleidung mittels Tierfellen – wird vermutlich das zentrale Element der „Zwischenzeit“ gewesen sein.
Die Verwandlung durch Verkleidung geschieht bei der Initiation offenbar unter dem Aspekt der empathischen Annäherung an die verstorbenen Krieger, den Ahnen des Stammes und/oder der Annäherung an bestimmte mystische Wesen und Götter durch die Verwendung ihrer  Tierattribute.
Bei der Verkleidung mittels Tierfellen fand wohl ein ekstatischer Ritus statt, der ein bedeutendes Detail der Zwischenzeit darstellt. Die Verwendung von Maskierungen scheint hier in die Richtung zu deuten, dass symbolhafte Handlungen die Jungen ihrer Kindheit entheben, sie als Kinder symbolisch sterben und als Männer wiederauferstehen zu lassen.
Zum anderen wird man diese Wandlung auch bei den Maskenumzügen wieder vermuten dürfen, wie sie in den oben beschriebenen  „Werwolfsverwandlungen“ angedeutet wurden.
Einen weiteren Schritt bedeutet der Trancezustand im Schamanismus als eine Reise in die Geisterwelt, und sie dient in der Regel bestimmten Zwecken individueller Heilung. In ähnlicher Weise wie beim Schamanen bedeutet die Möglichkeit der Maskierung und Verkleidung eine Heranführung an die Geisterwelt.

„Der Maskentragende ist mit dem Dämon oder dem Tiere, das er darstellt, vollkommen identisch. Er selbst ist davon restlos überzeugt, er ist geradezu ‚besessen’ und auch die Zuschauer glauben restlos an die Einheit des Darstellers und des Dargestellten.“

In ähnlicher Weise dringt auch das wilde Heer mit Hilfe des Versetzens in einen ekstatisch betonten Zustand in die Welt der Verstorbenen vor. Doch wird man hier auch den psychologischen Effekt einer saturnalischen Ausgelassenheit, einer zeitweiligen „Verneinung der gesitteten Ordnung“ beachten müssen. Beim wilden Heer wie beim Perchtenspringen bestand auch ein begrenztes Stehlrecht, das wohl in späterer Zeit mehr zu einem Heischegang umgewandelt wurde. Das deutet natürlich auf ein relativ rationales Verhalten. Die vom Lehrer angeleitete Initiation der Jugend wie auch die von schamanistischen Lehrlingen und die Berserkerwandlung erfahrener Krieger hängen hier in unterschiedlicher Qualität und Zielrichtung sicher miteinander zusammen.

Die Maskierung erfüllt dabei mindestens zwei Funktionen: zum einen die Förderung der Verwandlung, aber zum zweiten auch die, den Träger vor den Mächten zu schützen, an die er sich heranwagt. So wie die Lebenden nicht nur „gut“ sind und der menschliche Charakter ambivalent ist, so können auch die Verstorbenen gut oder schlecht, gedeihlich oder verderblich wirken. So bedeutet die Maske vermutlich besonders in den Maskenumzügen  Identifikation und Differenzierung zugleich. Die Verkleidung ist damit das Mittel, das zwischen Leben und Tod scheidet und auf der Schwelle zwischen den beiden Welten steht. Daher wurden Masken von jeher auch mit Scheu und Respekt betrachtet. Infolgedessen zeigen sich bestimmte Maßnahmen apotropäischer Natur, wie das Verstecken bestimmter Masken, die nur zu bestimmten hohen Anlässen hervorgeholt werden, das Verbot, sie zu berühren, oder das Gebot das jeder für seine Vermummung die Maske selbst herzustellen hatte und ähnliches.

 

Die Berserker und Ulfhedin

Die Berserker sind „Odins eigene Männer“ und Odin bzw. Wodan ist der Führer der Wilden Jagd. Der Blick auf die Fähigkeiten der Berserker (Bärenhemdler) und Ulfhedin (Wolfspelzer) bleibt gewöhnlich an dem Punkt haften, der sie als herumwütende Irre beschreibt, denen man besser aus dem Weg gehen sollte, bis der Anfall vorbei ist. Tatsächlich wird die Raserei der Berserker nicht selten als fahriger und gefährlicher Jähzorn beschrieben, in denen einer allein mehrere Männer umbringt oder sich abgelenkt wiederum auf jemanden anders stützt. So berichtet u.a. die Egilssaga:

Skalagrimm, der Sohn von Kweldulf und Vater von Egil, hatte einen Anfall von Raserei, in dem er einen Mann tötete und dann auf seinen Sohn Egil losging. Als die Magd ihm zurief „Du rasest“, ließ er Egil los und verfolgte die Magd. Kweldulf wurde so genannt, weil er sich abends ungewöhnlich benahm. „Man erzählte sich, dass er des Nachts häufig in verwandelter Gestalt umging. Die Leute nannten ihn daher Kweldulf, d.h. „Abendwolf.“ Der Sohn Skalagrimm hatte die Berserkeranlage geerbt, dass sich nach Sonnenuntergang seine Kraft zuweilen übermäßig steigerte. Auch Kweldulfs Enkel Egil – der berühmte Skalde – hatte die Anlage geerbt, doch wird nichts mehr von der Steigerung gegen Abend erwähnt. Die erbliche Anlage der Berserkerwut wird auch in der Heidreksaga geschildert, in denen zwölf Brüder – wie auch ihr Vater – als Berserker galten: „Und das war ihre Gewohnheit, wenn sie mit sich allein waren, dass sie an Land fuhren, wenn sie fanden, der Berserkergang komme über sie, und losbrachen gegen Wälder und große Felsen; war es ihnen doch schon geschehen, dass sie ihre eigenen Leute erschlagen und ihre Schiffe geleert hatten“

Saxo berichtet von einem Berserker namens Hardben, der nur deshalb beständig zwölf Kämpen um sich hat, damit sie ihn fesseln, wenn sich der Anfall bei ihm ankündigt. Die Berichte lassen die Berserkerwut als Krankheit erscheinen, die zu kriegerischen Zwecken vielleicht nützlich gewesen sein konnten. Allerdings muss man mit Übertreibungen rechnen: So berichtet Saxo, dass Hardben mit den Zähnen den Rand seinens Schildes zerfetzt und feurige Kohlen verschluckt. Eingedenk der Tatsache, dass Saxo ein christlicher Mönch war,  wird man auch seine Angabe entsprechend einordnen können, dass „ihre Wahnsinnserregung“ durch kein anderes Mittel als scharfe Fesseln und „Menschenblut als Sühne“ gestillt werden konnte.

Kweldulf tötet in der Egilssaga zwei Königstreue, die als hervorragende Krieger bezeichnet werden, indem er sich in Berserkerwut versetzt, und er selbst stirbt bald danach, weil er sich durch den Anfall verausgabt hatte. Hervorragende Krieger werden wohl kaum in besinnungsloser Wut niedergemacht werden können. Man wird im Gegenteil vermuten dürfen, dass der „heiße Kampf“, der sich entwickelte, mit allen Regeln der Kunst ausgefochten wurde. Ein besinnungsloses Umhertoben kann von einem erfahrenen und nervenstarken Gegner ohne Problem sehr schnell beendet werden. Im Übrigen wurden der Berserkergang – also das Versetzen in Berserkerwut zum Kampf – von anderen und vielleicht ähnlichen Anfällen durchaus unterschieden. In einer isländischen Saga ist von einem Ketil die Rede, dessen Anfälle ganz klar als Krankheit und „fallende Sucht“ (also Epilepsie) erkannt wurden, dessen sich der Sagaschreiber auch bewusst war.

Die weitere Entwicklung der Berserker sieht Martin Ninck in der mit dem Christentum einsetzenden Abschwächung des Heldenideals als im Niedergang begriffen und schließlich als zu bloßer Kraftmeierei von Raufbolden abgesunken. Im mittelalterlichen Werwolfsglauben sieht der Forscher ein Überbleibsel des Berserkertums und führt als Beleg den oben erwähnten Bericht des Olaus Magnus an.

Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang die Angaben über den Berserker Bodvar Bjarki, einen der Gefährten Hrolf Krakis, die ein etwas anderes Bild zeichnen. Bjarki ist anscheinend in Trance versetzt:

„In der Schlacht zwischen Hrolf Kraki und und Hjordvardr kämpft der tapfere Krieger Bodvar Bjarki in der Gestalt eines Bären zussammen mit seinen Kampfgenossen.; selber sitzt er aber kraftlos in der Königshalle. Als er von Hjalti zur Teilnahme am Kampf aufgestachelt wird, schreitet er zur Schlacht, aber in diesem Augenblick ist auch der Bär verschwunden.“

In ganz ähnlicher Weise wird von Odin berichtet: Wollte er seine Gestalt wandeln, versetzte er sich in einen Trancezustand; „…dann lag sein Körper wie schlafend oder tot da, er selbst aber war ein Vogel oder wildes Tier, ein Fisch oder eine Schlange. Er konnte in einem Augenblick in ferne Länder fahren, in seinen oder anderer Angelegenheiten.“

Die wieder einmal an die Seidhr-Technik erinnernde Trance findet im Zusammenhang von Odin, Berserkern und wildem Heer eine interessante Übereinstimmung. Eine besondere Kraftsteigerung vernimmt man auch von Thor, wenn er in seine „Asenkraft“ fährt, doch diese Steigerung geschieht – anders bei den Berserkern – nicht durch Verwandlung.

Zum Wort Ulfhedin, den Wolfspelzen, bemerkt Höfler:
„Der Eigenname Hédinn, zu dem auch der der Hjadnin gehört, ist identisch mit dem an. Appellativum hedinn, das „(Tier-)Gestalt“, „Fell“ bedeutet. Ganz prägnant freilich ist die Bedeutung von hedinn, das u.a. auch in der Zusammensetzung ulfhedinn belegt ist, in unserer modernen Sprache gar nicht wiederzugeben. Denn hedinn bedeutet ähnlich wie serkr, berserkr oder hamr, ulfhamr sowohl „Hülle“ („Wolfshülle“) als auch „Gestalt“ („Wolfsgestalt“). Diese beiden Bedeutungen werden in der alten Sprache nicht geschieden. Das hat seinen Grund darin, dass der primitive Mensch nicht unterscheidet zwischen Hülle und Gestalt, oder, wie man ebensogut sagen kann, weil für ihn Verkleidung und Verwandlung dasselbe ist.“

Dem erwähnten Kweldulf, der zum „Abendwolf“ wurde und seinen Sohn Egil angriff, rief die Magd zu: „Du rasest“, und hier wird das Wort hamast verwendet, was bedeutet, eine andere Gestalt anzunehmen. Die Verwandlung ist das Wesentliche beim Berserker, aber es dürfte nicht das einzige Element gewesen sein, das diese Männer auszeichnete, denn ein durch Trance verursachtes wüstes Toben als orientierungslose Raserei ist natürlich wenig produktiv. Man darf daher annehmen, dass diese Techniken nicht ganz unkontrolliert eingesetzt wurden. Möglicherweise waren eben die Berserker, die diese Anlage zur leichten Erregbarkeit besaßen, auch in der Lage, diese Wandlungsfähigkeit einfacher zu erlernen und anzuwenden. Man wird den Berserkern sicher nicht gerecht, wenn man sie als unangenehme Raufbolde in unsinniger Raserei wahrnimmt, so wie sie in späteren Zeiten beschrieben werden.

 „Wenn man erfährt, das es Leute gab, die nur in ihrer Jugendzeit ein Berserkerleben führten und später heirateten und tüchtige Hauswirte wurden, so mutet das doch so an, als ob sie ihre „Probezeit“ als Berserker durchgemacht hätten, so wie es sich später gehört, zu Wickingern [sic].“

Weiser schließt daraus die Wahrscheinlichkeit, dass „…die Berserker einst die Initiation der jungen Leute in Händen hatten,“ und vielleicht kann man die oben beschriebene Gestalt des Warners oder Eckhards mit dieser Funktion verbinden.

In der Tat gibt es viele Berührungspunkte zwischen Wikingern und Berserkern, oft wird nicht genau unterschieden und die Begriffe werden sogar synonym verwendet. Weiser führt als Belege unter anderem die Hrolfssaga und Svarfdoelasaga an. In der Saga von Ketil Hakenlachs (Kap. 5) „… ist von einem Wikingerkönig Framar die Rede, der aber deutlich als Berserker gekennzeichnet ist. (S. 132-136).“

In der späteren romantischen Wikingerüberlieferung erlischt die Berserkeranlage schließlich langsam. Es ist nun die Rede von „Halbberserkern“, und Grimr Lothinkinni ist nicht mehr ganz sondern nur noch halb unverwundbar. Das Bild, das sich abzeichnet, ist das initiierter Jünglinge, die sich nach ihren Prüfungen durch die erfahrensten Krieger auf den Wiking-, also den Kriegs- bzw. Beutezug begaben, und auf diese Weise vorbereitet den Mythos von den schrecklichen, unbesiegbaren Wikingern begründeten. Abschließend erscheint der Berserker in seiner ursprünglichen Anlage als ein außerordentlicher Krieger, der nicht nur seine Waffen hervorragend beherrschte, sondern auch vermutlich Lehrer dieser Techniken in der Zwischenzeit der Initiationsrituale der Jünglinge war. Die Beziehung zur Wilden Jagd besteht durch die Trancetechnik und die ekstatische Verwandlung durch Verkleidung, die bei den Berserkern in besonders effektiver Weise eine Steigerung der Kampftechnik ermöglichte.

 

Die Fruchtbarkeit der Wilden Jagd

Nach der Betonung der Ahnen, Initiation und Kriegerbünde ist es Zeit, sich nun einem anderen bedeutenden Aspekt der Wilden Jagd zuzuwenden.

„[Wodans] Beziehung zur Wilden Jagd und besonders in Nordwestdeutschland, Dänemark und Südschweden zur Ernte werden von mehreren Forschern dafür angeführt. Das Opfer eines Grasbüschels für Odins Pferd, wie das in der schwedischen Landschaft Während Sitte war, hatte sogar noch im 19.Jahrh. seinen Sinn nicht verloren: wer das verabsäumte, wurde ja mit einer schlechten Heuernte bestraft“

Die Beziehung zum Wind und zur Wilden Jagd war vor allem naturmythologischen Deutungen förderlich, die in Göttern und anderen Wesen bestimmte Naturvorgänge personifiziert sahen.

„Der Wind führt den männlichen Blütenstaub befruchtend den weiblichen Blüten zu. Darum gilt der Landstrich im kommenden Sommer als ganz besonders fruchtbar, über den die Wilde Jagd gezogen ist. Wenn das Guetis Heer schön singt, gibt es im Aargau ein fruchtbares Jahr. Der schwäbische Bauer, der nur um Sonnenschein, nicht auch um Wind bittet, bekommt kein Korn. ‘Ohne Wind verscheinet das Korn’ sagt ein Sprichwort, und eine alte Bauernregel lautet ‘Viel Wind, viel Obst.’ Fast in ganz Deutschland ließen die Schnitter bei der Ernte auf dem Acker einen Busch Ähren für Wodan stehen, damit er ihn als Futter für sein Pferd gebrauchte. Erntewod hieß diese letzte Garbe, die Ernte in Bayern bis zum 18.Jahrhundert die Waudlsmähe (Waude – Woude -Wuote); das Opfer für seine Hunde hieß von Passau bis [Breslau] Waudfutter. Dann traten die Schnitter mit entblößtem Haupte um die blumengeschmückte Wode in einen Kreis und riefen unter dem Schwingen der Hüte und dem weithin schallenden Streichen der Sicheln zu dreien Malen mit überlauter Stimme den Gott im Gebet an. Man bat Wodan, die geringe Gabe gnädig anzunehmen und sie als Futter für sein Roß zu holen; an ihrer Kleinheit und Wertlosigkeit sie nur die heurige schlechte Ernte schuld; würde sie im nächsten Jahre besser ausfallen, so solle er auch reichlicher von ihnen bedacht werden: Wode, hole deinem Roß nun Futter.“

Diese Zeugnisse hat die naturmythologische Schule als Beleg genommen, um in Wodan einen Wind- und Sturmgott zu sehen, dessen Verehrung aus der Fruchtbarkeit erwachsen sein soll. „Ob ein Bauer das Rasen des Orkans für etwas Förderliches hält, das ist mir unbekannt“, schreibt Höfler, und in der Tat dürfte wohl der Wind, doch nicht der Sturm die Fruchtbarkeit begünstigen. Ein überlieferter Spruch aus Ottenhöfen (Mittelbaden) sagt: „Der Wind isch e altes Männle und het e schlappigs Hütle uf.“

Die Zeugnisse der Wilden Jagd sprechen aber immer vom wüsten Toben der Jagd. Ein Bericht aus der Werragegend erklärt:

„’zeigt sich das wütende Heer recht wild, so gibt es ein gutes Jahr’, und: ‚wo es herzieht, sind besonders fette Streifen in der Saat und Wiese’
Hier ist der Parallelismus mit dem österreichischen Perchtenlauf ganz offenkundig: denn auch die Felder, über die die Perchten laufen, werden am fruchtbarsten, und je wilder die Perchten sind, um so besser ist es für die Ernte. Auch beim verwandten schweizerischen Brauch des Posterlijagens sagen die jungen Leute: ‚wir machen, daß das Gras wächst.’“

Stellen wir hier das Brauchtum an die Seite der Sage. In den Zwölften kommt in Mecklenburg auch Frau Gaur, die hier „Gauden, Waur, Wode“ vertritt, auf einem von Hunden gezogenem Schlitten zu einem Bauern: 

„Eines Abends kommt Fru Gaur zu einem Bauer in Spornitz, steigt auf seinen Boden und wirft alle zum Fest gebackenen Brote herunter, welche die Hunde schnell verzehren. Der Bauer steht furchtsam dabei, er wagt es nicht, das Vorhaben der Frau zu hindern. Als die Hunde alles Brot aufgefressen haben, sagt Fru Gaur zu dem Bauer, er solle ihr nun sein größtes Stück Acker zeigen. Der Bauer denkt: ‚Das alte Weib ist nicht klug, was will sie von meinem Acker wissen?’ Weil er sich aber fürchtet und wünscht, sie sobald als möglich los zu werden, führt er sie in den Hof (Garten) und zeigt ihr gerade sein kleinstes Ackerstück. Fru Gaur tobt (!) nun mit ihren Hunden auf diesem Stück und darauf verschwindet sie. Als nun die Erntezeit kommt, da gibt des Bauern Hofstück zehnmal so viel Roggen als sonst. Da ärgert sich der Bauer, denn er weiß nun, daß es Fru Gaur gewesen, und er sie zu dem größten Stück hätte führen müssen.“

Deutlich wird hier das do ut des-Motiv („geben und bekommen“) das sich im „Toben über das Feld“ ausdrückt und das die Fruchtbarkeit des Bodens befördert. Wesentliches Motiv des Wilden Heeres ist der Wind, das der Wilden Jagd die magische Wirkung der Toten, die emphatisch verbunden in der wilden Jagd durch das Feld gehen.
Dem entspricht wiederum das Brauchtum:

„Wie außerordentlich fest die Vegetationsmagie des Perchtenlaufes in manchen Gegenden auch heute [um 1930] noch verwurzelt ist, geht u.a. daraus hervor, daß man ihn trotz verschiedenster polizeilicher Verbote immer weiter beibehielt, weil die Bauern unter keinen Umständen ihre Ernte aufs Spiel setzen wollten! Ist es doch noch vor einigen wenigen Jahren im Salzburgischen vorgekommen, daß die obrigkeitlich verbotenen Perchten ihren Lauf über die Felder ausführten, dabei verfolgt von Gendarmen, die ihnen quer über die Äcker nachsetzten, um sie einzufangen… Schon durch diese Tatsache, deren Kenntnis ich R. Wolfram, Wien, verdanke, wird die ungebrochene Lebendigkeit des Brauches wohl genügend bezeugt.“

Der Schlüssel zum Verständnis der Verbindung der oben genannten Totenschiffe, der Schiffswagenumzüge und der freudigen Begrüßung liegt darin, so Höfler: „daß die Toten über die Fruchtbarkeit gebieten.“

Der Ablauf von Leben und Tod – verstanden innerhalb eines jahreszeitlichen Wechsels – erscheint heute als eine überraschende Vorstellung. Sie ist vollkommen anderer Natur, als die christlichen Vorstellungen eines „Jenseits“, in der die „Seele“ zu einem göttlichen Richter gelangt. Dem Versuch, die Faschings- und Karnevalsbräuche aus einer christlichen Tradition abzuleiten, wie es namentlich Karl Meisen versucht hat, ist längst eine klare Absage erteilt worden. So schreibt schon das Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, dass er „viel zu weit geht, wenn er die dämonischen Begleiter des einkehrenden Nikolaus, ja sogar das wilde Heer, ausschließlich aus dem christlichen Teufelsglauben herleiten will.“

 

Die Perchten

Gegenüber den Berserkern führen die Perchten eine Existenz weitab vom Thema kriegerischer Auseinandersetzung. Doch auch hier findet man in übereinstimmender Form die ekstatische Verwandlung mittels der Verkleidung durch Felle und Masken. Es kommt die Einzahl „Percht“ als mythisches Wesen vor, wie auch die Mehrzahl „Perchten“, die analog zu Wilder Jagd und Wildem Heer zwei Seiten widerspiegelt: den „dämonischen“ Charakter des Geisterzuges, welche die Percht führt, und die Entsprechung im Brauchtum. Beides hat zugleich mit den Verstorbenen und der Fruchtbarkeit zu tun.

Der Name des nordischen Totenbereichs und der späteren Totengöttin Hel kommt von „verhehlen“ (verbergen). Damit hängt auch der Name Frau Holles zusammen der von „verhüllen“ abgeleitet ist. Den gleichen Hintergrund besitzt auch der Name Perchta, den Mogk von pergan (verbergen) ableitet. Das Verhüllende, Verbergende zeichnet die weiblichen Gestalten als Totengöttinnen aus und im wesentlichen entsprechen sich Holle und Perchta; sie weisen nur wenige, lokal bedingte Unterschiede auf. So führt auch Holle die Schar der Huldren an und das sind Naturgeister: das Huldrevolk, identisch mit Landwichten. Die menschlichen Perchten oder Huldren im Umzug sind wiederum die Verwandelten, die Ahnenseelen und Naturgeister darstellen. Bei der Figur des Kobolds (der „Kobe“, d.h. Haus, Hütte „hold“ – gut, zugetan) liegt die vielleicht älteste Verbindung zwischen Ahnen- und Naturgeistern. Birger Pering vermutet zum Kobold in seinem Werk „Heimdall“, dass die Verschmelzung von Ahn- und Hausgeist sich mehr auf das Land bezieht, auf dem das Haus steht, als auf das Haus selbst.

Bei der Sichtung der Angaben zu den Perchten sollte man vermeiden das Geschlecht der mythischen Gestalten über Gebühr zu betonen – zumindest dann, wenn man deren Wirksamkeit interpretieren möchte. Es sind mythische Gestalten, keine Menschen. Götter und Sagengestalten unterliegen jahrhundertelangen Umbildungen, bei denen das Geschlecht wechseln kann. Ein bekanntes Beispiel ist die Umbildung aus dem eigentlichen Neutrum „Nerthus“ (als „Terra Mater“ aber eine Göttin) zum männlichen Njörd in Skandinavien.
Perchta, weiblich geschildert, verführt zu dem Versuch, diese Gestalt mit anderen weiblichen Gottheiten und anderen weiblichen, mythischen Wesen zu vergleichen, wie den Nornen,  Matronen oder Nerthus. Ich denke, dass es auf eine falsche Fährte führt, das Geschlecht als wesentliches Merkmal zu betrachten. Perchta und ihre nördlichere Ausformung der Holla haben ihre Entsprechungen im Wod oder Wodan, der wiederum männlich aufgefasst wird,  doch kann die dämonische Seelenführerschaft nicht sinnvollerweise als männliches oder weibliches Prinzip interpretiert werden. Das Geschlecht erleichtert nur die Identifikation mit diesen Vorgängen, zum Grundverständnis ist das nicht wesentlich. Man sollte mehr der Wirksamkeit Beachtung schenken, mit der ein Wesen verknüpft ist. Die „saligen“ Frauen z.B. sind vor allem Spenderinnen von Wohlstand, sind in einigen Quellen auch schicksalskundig, was sie in die Nähe der Nornen rückt, doch sind sie „kundig“, nicht schicksalsbestimmend, was sie wiederum von den Nornen unterscheidet.

Dass vor allem im Süden Perchta als weibliche Seelenführerin bekannt ist, dürfte damit zusammenhängen, dass beim Perchtenspringen eine stärkere Betonung der Fruchtbarkeit vorliegt, die schließlich in den mythischen Wesen zumeist in weiblicher Form gedacht sind.

„Holle und Berchte sind die Führerinnen der Holden und Perchten, der elbischen Geister und der Seelen der Verstorbenen.“

Als Wohnstätten der Holle kommen neben Brunnen, Bergen, Steinen auch Bäume vor, in denen gerade auch die Landgeister leben. Als Führerin der elbischen Geister ist Holla-Perchta den fruchtbarkeitsspendenden Naturgeistern entwachsen und zum mythischen Einzelwesen geworden. Die Verbindung zum wilden Jäger in der Gestalt Wodans sieht man anschaulich – und wahrscheinlich ursprünglich – in der Jagd des Jägers nach der weißen Frau, dem Moosweib u.a. (vgl. „Brautlauf“). Diese Verbindung als paritätische Führerschaft der Seelen im wilden Zug erinnert dagegen wiederum an die Verbindung Wodans mit Freyja oder Frigg. In der skandinavische Huldarsage ist Huldra eine Zauberin, das weist ebenfalls zur Verbindung Holle-Freyja.

Im Perchtenspringen haben sich nicht wenige christliche Einflüsse durchsetzen können, man muss hier mit einer Mischung beider Vorstellungen rechnen, die im besten Fall zu einem Synkretismus geworden ist. Die Einteilung in schöne und hässliche (schiache) Perchten, die den  Dualismus des Guten und Bösen, der strafenden und belohnenden Percht verdeutlichen, scheint christlichem Gedankengang zu entsprechen. Demgegenüber gibt es keine Analogien der Wilden Jagd, die diesen Dualismus rechtfertigen würden. Auch wenn in späterer christlicher Zeit die Wilde Jagd als Strafe für diejenigen betrachtet wurde, die im Leben Verfehlungen begangen hatten, so ist der Wilde Jäger doch nie eine pädagogische Gestalt, die moralisch in das Leben der Menschen eingreift. Anders in den  Sagen über die Percht, in denen ein kontrollierendes und strafendes Element relativ häufig vorkommt. Sie kontrolliert die Stube, den Haushalt und die Arbeit der Leute, den Kindern wird sie zum Schreckgespenst. Mit heidnischen Bezügen zu Fruchtbarkeit und Ahnen hat das wohl gerade noch am Rande zu tun. Vielleicht kann man das noch mit der Eigenart der Naturgeister, den Holzfräulein und Moosleuten, die vom wilden Jäger gejagt werden, in Verbindung bringen. Diese Geister sind allgemein sehr um Sauberkeit und Ordnung bemüht, sie spinnen Garn, brauen Bier, helfen bei der Ernte, u.ä.

Eine andere Meinung ist die, der Name Perchta leite sich von der christlichen Epiphania ab. Der Perchtentag ist der Tag nach Abschluss der Zwölf Nächte. Wie bereits angesprochen, sollte man hier die Kalenderreform des 15. Jahrhunderts beachten: Nach heutiger Rechnung ist dies der 6. Januar, geht man aber (wie ursprünglich) von der Wintersonnenwende (i.d.R. dem 21.) als Beginn der Zwölften aus, dann ist der 2. oder 3. Januar der Perchtentag. Ausgehend von christlichen Traditionen sind wir hier mit dem 6. Januar, also dem Epiphaniatag konfrontiert. Als Personifikation des Festtages erscheint die Percht als Epiphania (oder Theophania) nicht in gänzlich anderer, aber neuer und veränderter Gestalt, als der Strahlenden, Glänzenden, der Weissen Frau.

„Diese Namen ergeben sich aus den Übersetzungen von Epiphania: ze demo perahtin tage; zi dero Perthun naht. Hier wird mit neuem Sinn der alte Gattungs- zum Personenname.“

In der Nordschweiz und Südbaden hat sich der „Bächtelistag“ herausgebildet und scheint eine Abwandlung des „Berthold“-Tages zu sein. In Schwaben und der Schweiz tritt als männliches Analogon der Jäger Berthold oder Berchthold als Führer der wilden Jagd auf.

Der Name Holla, die Verhüllende, dürfte gegenüber „Holda“ die ursprünglichere Variante sein. Die holde Frau wird unter christlichem Einfluß der Mutter Maria (mit dem Jesuskind) angegliedert und dadurch zunehmend zur „Holdseeligen“. Hier findet sich auch die Erklärung für die Verbindung Holla/Perchtas zu Kindern und Neugeborenen: Statt des gespenstischen Totenheeres von einst teilt man wenigstens der Perchta den Zug der Kindlein vom „Fest der unschuldigen Kindlein“ zu. Eigentlich ist Holle wie Perchta eine Gestalt der Fruchtbarkeit, doch durch die Verbindung des Todes zur Fruchtbarkeit liegt der Schritt nicht weit, sie als Totengöttin und wiederum als Lebensspenderin zu verstehen.

Allen Versuchen, die Sitte aus dem Christentum ableiten zu wollen, kann man allerdings eine klare Absage erteilen. Schon die moralisierenden Aufgaben der Perchten passen überhaupt nicht zu ihrer Verkleidung, und die Verkleidung selbst hat die Kirche schließlich über Jahrhunderte als heidnisches Werk betrachtet und verständnislos bekämpft. Die Kirche eiferte über Jahrhunderte gegen das Treiben:

„An den Tagen der Kalenden – heißt in Predigten des 6. und 7. Jhds. –  kleiden sich die Heiden mit Umkehr der Ordnung der Dinge in unanständige Mißgestalten, diese elenden Menschen, und was noch schlimmer ist, einige Getaufte nehmen falsche Gestalt und monströse Gesichter an, worüber man sich schämen, dann aber vielmehr betrüben muß. Denn welcher Vernünftige sollte es glauben, daß Menschen, die bei Besinnung sind, sich, indem sie den Hirsch spielen, in das Wesen von Tieren umwandeln wollen? Andere kleiden sich in die Felle ihres Viehes, andere setzen sich Tierhäupter auf, darüber sich freuend und ergötzend, daß sie sich so in die Gestalten wilder Tiere umgewandelt haben, daß sie nicht Menschen zu sein scheinen. Was ist so verrückt, wie sich in wilde Tiere zu verkleiden, der Ziege oder dem Hirsch ähnlich zu werden, auf daß der Mensch, zum Ebenbilde und Gleichnis Gottes geschaffen, das Opfer der Dämonen werde?“

Die Kirche bestätigt damit selbst den heidnischen Grund und den darin liegenden Sinn der Verwandlung.

„Aber die Deutschen rechtfertigten sich, wie Bonifatius 742 an Papst Zacharias schreibt, damit, daß sie Ähnliches in Rom in der Nähe der Peterskirche gesehen hätten, wo man es ruhig geschehen ließe; auch dort gingen jedes Jahr am Tage oder in der Nacht vor den Kalenden des Januar Umzüge mit Gesang durch die Straßen und ließen heidnische Jubeltöne und unchristliche Lieder erschallen. Wie wenig die Verbote nützten, geht daraus hervor. daß sie im 11. Jhd. wiederholt werden mußten.“

Paul Herrmann erzählt weiter von Umzügen, in denen die „Rußler“ mit ihren geschwärzten Gesichtern andere anzuschwärzen versuchten; die Kübelemaien oder Maimädchen machen den Schabernack wieder gut, indem sie die Gesichter der Angeschwärzten rein waschen, oder sie fahren auch den Nahestehenden mit einem nassen Lappen durchs Gesicht. Abgewandelte Bräuche, etwa zum Ende der Weinlese im Elsass, zeigen ebenfalls rußgeschwärzte Menschen auf einem Wagen, die die Leute anzuschwärzen versuchten. Der Wagen ist dabei nicht ohne Bedeutung, wie wir noch sehen werden. 

Die Frage kann also nicht mehr lauten, ob sich Perchta in der Interpretation als der „Glänzenden“ aus einer katholischen Tradition ableiten lässt. Die kirchlichen Verordnungen und Predigten lassen vielmehr den Schluss zu, dass versucht wurde, einen nicht kleinzukriegenden Brauch an christliche Vorstellungen anzupassen. Das gelang aber nur zum Teil, denn auch die eher neue Einführung, die verstorbenen Kinder in der Obhut der Percht zu sehen, atmet eher die alte Charakteristik der Seelenführerschaft. Eine schöne Geschichte findet man dazu in Kärnten:

Das Kind im „Wilden G‘jaid“

Im unteren Lavanttal geht die Sage, daß jedes Kind, das ungetauft stirbt, ins „Wilde G‘jaid“ aufgenommen wird. Nun war da einmal ein Bauer, dem sein jüngstes Kind starb, ohne die Taufe zu empfangen. Weinend klagte die Mutter ihr großes Leid. Der Bauer aber, der ein Schlaukopf war, tröstete sein Weib und versicherte, daß er seinem Kind Ruhe bringen werde. Einige Zeit nachher ging er in ein benachbartes Dorf, um Geschäfte abzuschließen. Da er dabei guten Gewinn erzielt hatte, vergönnte er sich im Wirtshaus einen Trunk. So verspätete er sich mit dem Heimgang und mußte bei Nacht nach Haus fahren. Sein Weg führte durch einen Wald. Da hört er mit einem Mal ein Sausen und Brausen in den Lüften über sich. Als er nach oben blickt, sieht er das „Wilde G‘jaid“ vorüberziehn. Er hält an und läßt den Zug vorbei. Da zum Schluß bemerkt er auch sein jüngst verstorbenes Kind und ruft: „A, schau amal, mei Robasle is a dabei!“ Sein Kind lächelte ihm freundlich zu und dankte für die Worte, die er ihm gegeben, denn er hatte ihm so einen Namen geschenkt und ihm dadurch die Ruhe gebracht.

Das Perchtenspringen erfreut sich heute wieder großer Beliebtheit, wenn auch nur als Touristenattraktion. Die Verbindung zum heidnischen Untergrund und der spirituellen Basis ist nicht ganz verlorengegangen, aber doch im allgemeinen so in Vergessenheit geraten, dass auch die Mitglieder des Umzugs sich zumeist wohl nicht mehr im Klaren darüber sind, was sie dort eigentlich treiben. Anders erklärt es sich wohl nicht, dass bei den Mitgliedern vor allem die Verkleidung in „Krampusse“ besonders beliebt ist. Im Internet finden sich dazu Abbildungen in Menge, und diese Form der Verkleidung erinnert mehr an Wesen zwischen mittelalterlicher Teufelsvorstellung (also entstelltem Heidentum) und moderner Horrorshow. Die Verwandlung in die Verstorbenen fehlt heute ebenso wie die spirituelle Basis, die an die Seelen der Wilden Jagd, die Verstorbenen „vor ihrer Zeit“ erinnern, wie auch das Äquivalent des Wilden Heeres, das sich ursprünglich ja aus initiatorischen Bünden zusammensetzte. Das soll kein Vorwurf sein, sondern im Gegenteil die Möglichkeit eröffnen, die heidnische Basis zu reaktivieren, indem man den Bezug des Brauchtums auf sein Vorbild zurückführt, dass die Verstorbenen über die Fruchtbarkeit gebieten.

 

Der Weg des Heeres

Ein sehr beträchtlicher Teil aller Überlieferungen weiß mitzuteilen, dass das Wilde Heer – anders als die Wilde Jagd – bei den lärmenden Umzügen immer einen ganz bestimmten Weg einhalte. Die Namen Heergasse, Muotesheergasse und ähnliche finden sich in vielen deutschen Städten als gesellschaftliche Erinnerung an vormals lebendige Traditionen. In einer handschriftlichen Pfarrbeschreibung Diaconus Meyers (1828) heißt es:

„Die Heergasse (von der alten Landstraße, die hier hindurchzog, so genannt). Eine Sage leitet indeß ihren Namen her von dem Mutes- (Wudes-, Wudans-, Wodans-, dem sogenannten Wilden) Heere, das oft und noch ungefähr vor 100 Jahren durch sie herabgezogen sein soll. Das Tosen und Toben war damals so entsetzlich, das alles in den Häusern zitterte und bebte, und wer sich auf der Straße treffen ließ, der wurde von dem bösen Feinde mit fortgerissen (in den anderen Straßen wurde davon nichts verspürt).

Die Wilde Jagd, die als nächtliche Schar der Seelen zuweilen zu sehen ist, nimmt natürlich nicht den gleichen Weg und erscheint – wie in der Schilderung der Herlechina Familia – weit abseits menschlicher Behausungen, wie auch sonst im Wald, Gebirge oder auf dem flachen Land.

Die Wagenumzüge

Den Sagen von nächtlich lärmenden Seelen, die zu bestimmten Zeiten als Tote umherziehen, steht ein Äquivalent zur Seite, das sich in kultischen Umzügen, einem dämonisierten Fasnachtskult äußert. In verschiedenen Gegenden Deutschland finden sich Berichte darüber, dass gespenstische Gestalten auf einem Wagen fahren. Im Rheinland wird der Wagen von schwarzen Pferden gezogen und von Hunden umbellt. Im Harz wird der wilde Jäger auch der „wilde Fuhrmann“ genannt und in Bayern das Heer die wilden Fuhrleute. Die oben schon angedeutete Beziehung zum Karneval und die etymologische Verbindung der normannischen Familia Herlechina ergänzt Höfler mit der Herleitung des Carneval vom Namen des Schiffskarrens: carrus navalis.

„Etwa um 1133 wurde am Niederrhein ein lange Zeit vergessener Brauch wieder aufgefrischt; gegen den Willen der Geistlichkeit gestattete die Obrigkeit ein seltsames Fest und erzwang sogar die unmittelbare Beteiligung der Bevölkerung. Im Frühjahr, als die Tage noch ganz kurz waren, zimmerte ein Bauer aus Inden im Jülischen (Cornelimünster) mit Hilfe seiner Gesellen im Walde selbst ein Schiff, das er unten mit Rädern versah. Vor dieses ‚Landschiff’ wurden Weber gespannt und gezwungen, es an Stricken nach Aachen und Maastricht zu ziehen, wo Mast und Segel hinzukamen, und von da nach Tungern und Looz und weiter im Lande umher; von da sollte es über Löwen und Antwerpen auf die Schelde gebracht werden, vor deren Mündung die Insel Walcheren liegt. In Aachen ward das Schiff unter großem Zulaufe von Männern und Frauen feierlich eingeholt. Den Städten, die der Umzug berührte, wurde das Eintreffen der Prozession vorausgesagt, und wie dem trojanischen Pferde, heißt es in Rudolfs Chronik von St. Trend, wurden dem Schiffe die Tore geöffnet. Allabendlich bildete es den Mittelpunkt eines Reigentanzes, an dem beide Geschlechter, Frauen mit aufgelösten Haaren und losem Gewande, sogar Matronen trotz der halbwinterlichen Frühjahrszeit in bereits sommerlicher Kleidung teilnahmen; wenn der Reigen sich löste, ertönte Musik, Gesang, wie unsinniges Gejuchze und Jubelgeschrei. Es galt für schimpflich und unglücklich, das Schiff nicht weiter zu befördern; wo man hinkam, lösten die Weber des Ortes die Ziehenden ab; kamen sie zu spät, verfielen sie der Strafe. Auch sonst spielten die Weber bei dem Volksfeste eine besondere Rolle. Tag und Nacht mußten sie in vollem Waffenschmuck Ehrenwache bei dein Schiffe halten. Nur sie durften es berühren; wer es sonst anfaßte, mußte ein Pfand von seinem Halse geben oder sich durch beliebige Gaben lösen.“

Zu dem Bericht muss man bemerken, dass die Weber wohl kaum gezwungen wurden, das Schiff zu ziehen, auch die allgemeine Feierlichkeit macht es sehr unwahrscheinlich, dass man die Bevölkerung zur Teilnahme zwingen musste. Das die Notiz nicht mehr ganz heidnischen Gepflogenheiten entspricht, zeigt wohl, dass ältere Frauen „Matronen“ genannt werden, eine Bezeichnung die nur noch eine blasse Erinnerung an den einstigen Matronenkult liefert. Bemerkenswert ist auch die vermerkte Hysterie der christlichen Geistlichkeit, die in dem Umzug eine heidnische Prozession sah und das Werk zu hintertreiben versuchte. Sie nannten es ein „Teufelsspiel“ und meinten, dass es ein „Schiff Neptuns, Mars, Bacchus oder der Venus heißen könnte.“ Die Verwendung römischer Götter basiert hier natürlich auf der Übernahme römisch-griechischer Philosophie durch das Christentum.

Die wesentlichen Motive sind hier, dass es ein Schiff, ein Kultschiff ist, denn es wurde im Wald gebaut und nicht am Meer, was auf die andere Verwendung hinweist; der Zug durch das Land ist wesentlich. Bemerkenswert ist die Pfand-Auslösung, die man als Erinnerung eines alten Opfers werten könnte, wenn nicht die Sagen der Wilden Jagd mehrfach von einem (begrenztem) Stehlrecht sprechen, in dem das tobende Heer Bierkannen und Fässer leert (vgl. oben „Der Warner“), gerade gebackenes Brot stiehlt, u.a. Das Stehlrecht wird in anderen Sagen zum Heischeumzug, in dem freiwillige Gaben gesammelt werden. Besonderes Augenmerk verdient natürlich die Jahreszeit: das halbwinterliche Frühjahr, also die Zeit, in der der Frühling kurz bevorsteht und die Seelen der Verstorbenen wieder zum Gehen aufgefordert werden, die Faschingszeit.

Die Schilderung des Schiffsumzuges erinnert dennoch zunächst an den von Tacitus (Germ. 40) geschilderten Nerthusumzug. Der römische Historiker berichtet, dass die Göttin in einem Wagen umherzog, bis sie wieder auf die Insel gebracht wurde. Der über tausend Jahre zurückliegende Bericht des Römers erklärt, dass es sich hier um die Terra Mater, also die Mutter Erde handele und der Umzug der Fruchtbarkeit des Landes dient. Die Berichte über diesen Umzug und die Nerthusprozession weisen einige Unterschiede auf. Bei Nerthus ist von einem Wagen, nicht einem Schiff die Rede, er wird von Kühen gezogen, während das Schiff von Menschen gezogen wurde. Gleich ist in den beiden Erzählungen die frohe Festzeit, das Verbot der Berührung (den Nerthuswagen darf nur der Priester berühren) und die Jahreszeit zwischen Winter und Frühling. Der Ausgangspunkt ist hier wie dort ein Wald. Bei Nerthus steht der Wagen auf einer Insel im Ozean und das Ziel des Schiffswagens war die Schelde (vor deren Mündung die Insel Walcheren liegt). Die Ähnlichkeiten sind bemerkenswert, aber – wie wir noch sehen werden – auch die Unterschiede.

Schiffswagenumzüge sind auch sonst gut belegt. In Nürnberg endeten sie mit der feierlichen Verbrennung des Kultbootes als Abschluss der Schembartläufe. Auch im niederrheinischen Umzug wird von einer Verbrennung gesprochen, doch ist hier die Rede davon, dass die Häuser der Gegner des Umzugs den Flammen übergeben wurden. Das Schembartlaufen stellt die lokale Version des Faschings dar. Die Jahreszeit ist die gleiche und es sind „Schiffe“, die gezogen werden. Die Besatzung der Schiffe besteht aus „Teufeln und Narren“ und die Schiffe selbst werden die „Hölle“ genannt. Dass die Angabe nicht vereinzelt dasteht, zeigen norddeutsche Sagen, in denen von Hellwagen die Rede ist, und auch der nordischen Hel wird ein Wagen zugeschrieben.

Feuererscheinungen sind in den Erzählungen vom wilden Heer oder Jagd recht häufig und bisweilen heißt die Jagd auch „feurige Jagd“, im Harz ist Wodan der Helljäger. Aus Buchholz (bei Thum im Rheinland) wird berichtet, dass zu heiligen Zeiten der weiße Schimmel durch den Wald jagt und aus seinen Nüstern Feuer sprüht, und auch die Hunde haben zuweilen feurige Augen. Bei Ordericus ist der Glaube bezeugt, dass die „Verdammten“ im wilden Heer von Flammen umzüngelt werden, der Jäger selbst wird als glühend geschildert oder er trägt ein brennendes Kleid. So zeigt auch die Kleidung der Nürnberger Schembartläufer in auffälliger Weise wiederkehrende Flammenmuster, und zahlreiche Abbildungen zeigen die Schembartläufer mit feurigen Büscheln in der Hand. Der Bezug zur christlichen Hölle geht hier nicht soweit, dass die Toten als gequälte Seelen dargestellt sind. Die Umzüge haben in dieser Hinsicht einen heidnischeren Charakter, während der Anstrich deutlich christlich ist. Nicht ganz zufällig leitet sich „Hölle“ von ahd. hellia, nordisch hel ab, die nicht als Strafort sondern als Aufenthaltsort der Verstorbenen wahrgenommen wurde.

[Illustration 3: Felszeichnung von Disäsen, Backa, Schweden (aus: Almgren: Nordische Felszeichnungen als religiöse Urkunden)]

Im Zusammenhang mit den Schiffsumzügen hat Almgren auf die bronzezeitlichen Felszeichnungen hingewiesen, die ganz ähnliche Umzüge abbilden. Abbildung Nr. 3 zeigt ein Schiffsmotiv, dem Hunde vorangehen: Das Schiff befindet sich also an Land. Neben den reich belegten Felszeichnungen lässt sich zudem an epische Erzählungen wie etwa Balders Bestattung denken oder an die sonst überlieferten Brandbestattungen bedeutender Fürsten auf Schiffen. Das Schiff gilt oft genug als Vehikel der Verstorbenen, auf ihm fahren sie in die verborgene Welt. Allgemein ist die Vorstellung, dass ein Fährmann die Toten übersetzt (so wie Odin sich im Harbardslied weigert, den kraft- und lebensstrotzenden Thor überzusetzen). Oft trennt ein Fluß die Welten der Lebenden und Verstorbenen voneinander wie der Fluß Giöll (Gylf. 49), oder man muss ihn befahren wie den griechischen Styx.

So wie die Seelen der Wilden Jagd die Verstorbenen sind, die in entsprechenden Berichten so drastisch dargestellt werden, als würden sie ihr Aussehen zum Zeitpunkt des Todes behalten, so besteht gleichfalls die Besatzung der Schiffswagenumzüge aus Verstorbenen, Gespenstern, Totengeistern. Es sind offensichtlich „Totenschiffe“ die von den Lebenden gezogen werden.
Die Besatzung der Schiffe besteht schon im Mittelalter aus Narren, verlarvten (verkleideten) Gestalten, die maskiert und geschwärzt die Toten darstellten.
An dieser Stelle ein Wort zum Begriff „Harlekin“. Die in Frankreich beobachtete familia herlechini bedeutet nach  Kershaw „Anhang oder Gefolge des Harlekin. Aber wer ist dieser Harlekin? Sicher nicht der Clown.“ Es sollte genügen, die gelehrte Etymologie auf das wesentliche zu verkürzen: Die Basis des altfranzösischen Herlekin ist ein altenglisches *Her(e)la cyng, […] mittelenglisch:  *Herla king” und bedeutet soviel wie der „Heerführer“, der das Totenheer anführt. Man kann hier die Zusammensetzungen mir „Her-“ einreihen, wie Herjann und Hertyr.

Ein Blick auf die weiteren Beinamen Wodans möge das ergänzen: farmagud (Gylf.10) und farmatyr (Grm 48) ist „der Gott der Lasten.“ Man hat sich gefragt, was ein Gott wie Wodan mit dem Handel zu tun haben kann und nur wenig Sinnvolles dafür anführen können. Die Verbindung zum Totenschiff würde dieses Heiti erklären, zumal gerade Schiffe (und Wagen) Lasten befördert haben. In diesem Fall dürfte weniger vom Güterverkehr die Rede sein, sondern von einem wesentlichen Aspekt der Wilden Jagd, den Wagenumzügen und ihren „Besatzungen“, die ja aus den Toten bestehen. Dass diese als „Last“ bezeichnet werden, ist nicht so ungewöhnlich, denn diese Schiffe wurden ja über Land gezogen. Dazu passt auch der Odinsname „vagna rúni“ (=Freund der Wagen) und dass im Harz oder in Bayern von „wilden Fuhr – oder Schiffsleuten“ die Rede ist.

Doch weshalb bringt das Auftauchen des oben genannten Schiffes nicht etwa Trauer und Betroffenheit, sondern Tanz, Musik und Feierlichkeiten? Hinter dem „Totenschiff“, das freudig mit Reigentänzen und Jubelgeschrei begrüßt wird, sollte noch mehr stecken. Zum einen, weil die Heiden dem Tod im allgemeinen nicht mit Traurigkeit, sondern mit Heiterkeit begegneten, die dem Toten selbst zugedacht war. Im 10. Jahrhundert wird ein englischer christlicher Priester ermahnt: „Du sollst nicht teilnehmen an dem Jubelgeschrei über die Toten.“ Aber es gibt noch einen weiteren Grund für für den Jubel bei den Schiffswagenumzügen. Denn dass er in jeder Landschaft begeistert empfangen wurde, wird mit einer anderen Einstellung zu individuellen Toten nicht zu rechtfertigen sein, sondern mit der Fruchtbarkeit, die gerade zu dieser Jahreszeit Ende Februar auch die Erwartung auf den Frühling – und damit eine leichtere Zeit – steigerte.

Brautlauf

Der „Brautlauf“ ist ein weiteres Motiv und zeichnet die Wilde Jagd damit als einen sehr komplexen Bestandteil der altgermanischen Religion. Der Begriff wurde geradezu synonym mit „Hochzeit“ verwendet. Interessanterweise ist der Brautlauf eine Sitte, die sich bis auf den heutigen Tag – freilich in geänderter Form – erhalten hat und ein belustigendes Element vor oder nach der Hochzeit darstellt. In Westfalen kennt man es so: Freunde der Braut oder des Bräutigams verstecken die Frau an einem anderen Ort und der Mann muss sie suchen, dazu erhält er Hinweise von den Freunden. Andernorts finden auch Wettläufe des Paares oder der Hochzeitsgäste statt.

Der sagenhafte Brautlauf findet zwischen dem wilden Jäger und einem oder mehreren weiblich gedachten Naturgeistern statt. Herrmann denkt hier an die „Windsbraut“. Er identifiziert nach naturmythologischer Ansicht den wilden Jäger als Sturmwind und die Windsbraut als die Wolke, die der Sturm jagt, oder als den Wind, der einem Gewitter vorangeht:

„Seit alter Zeit heißt der einem Gewitter vorausgehende Wirbelwind Windsbraut, Windis prut oder ‚das fahrende Weib’“

In der Tat steckt viel mehr in diesem Verhältnis und die Sagen schildern dies in etwas brachialer Form:

„Zwei Knaben hüteten eines Abends in Mecklenburg Pferde und sahen zwei weißgekleidete Frauen vorübergehen, während vom Berge her der Wauld hörbar war. Der Lärm der wilden Jagd brauste heran, und auf großem kohlschwarzem Pferde, von großen und kleinen Hunden umgeben, stand der wilde Jäger plötzlich vor ihnen. Er fragte die Knaben ob sie nicht zwei weiße Frauen gesehen hätten. Diese bestätigten es und fügten hinzu, die eine hätte gesagt, ‚laß ihn nur jagen, er hat sich noch nicht gewaschen’. Darauf befahl er, ihm einen Topf mit Wasser zu bringen und wusch sich darin. Bald kam die Wilde Jagd zurück; quer über dem Hengste hingen, mit den Haaren zusammengebunden, die beiden Frauen.“ (D.S. Nr. 47, 48, 270).

Ausführlicher findet man die Jagd nach der Frau in Dietrichs Kampf mit dem „Wunderer“, dem wilden Jäger, der hier negativ als Riese geschildert ist. Die Erzählung verrät die höfische Umbildung:

Als König Etzel einst mit seinen Helden beim Mahle saß, kam flüchtig eine schöne Jungfrau in das Gemach und bat um Schutz vor einem schrecklichen Manne, der wilde Wunderer genannt, der sie seit drei Jahren verfolge und sie fressen wolle. Etzel suchte sie zu beruhigen; auf ihre Bitten, wenigstens die Burgtore zu schließen, damit der Unhold nicht hineinkäme, versicherte er, die Tore wären niemals verschlossen, weil Bittende immer Zutritt hätten und Feinde nicht einzudringen wagten; aber sie möchte unter den Helden in seinem Saale einen aussuchen, der ihr stark genug erschiene, den Riesen zu bekämpfen. Die Jungfrau aber war mit wunderbaren Kräften ausgestattet und hatte die Gabe, der Menschen Gedanken in ihrer Seele zu lesen. Nur zwei Männer erblickte sie, die den Feind bestehen konnten. Sie trat zuerst auf Rüdiger zu, aber er sträubte sich, weil er zu alt wäre und Weib und Kind daheim hätte. Da wandte sie sich an den stolzen Dietrich; während der Berner seine Bereitwilligkeit erklärte, erklang draußen des wilden Jägers Horn. Bald stürmten seine Rüden schnobernd in den Saal, und schon ertönte donnernd seine Stimme, die von den Torwächtern Einlass begehrte. Gleich darauf stürzte er in das Gemach, mit seinem Scheitel stieß er an das Gewölbe, mit rohen Worten forderte er seine Beute: Sein Vater hätte sie ihm zur Ehe versprochen, aber sie verschmähte ihn; weil er sie einem andern nicht gönnte, wollte er sie auffressen. Weinend bestätigte die holde Jungfrau, dass sie lieber sterben als dem Ungeheuer angehören wollte. Da griff Dietrich eilig zu seinen Waffen; wohl schlug der Riese ihm manche scharfe Wunde, aber endlich gelang es ihm doch, den Wüterich zu überwinden. Mit heißen Worten dankte ihm die Königstochter und gab sich zu erkennen: Sälde wäre sie genannt, und plötzlich war sie vor aller Augen entschwunden.

„Die Übereinstimmung mit den Sagen vom wilden Jäger, der die Windsbraut oder die Holz- und Moosweibchen verfolgt, vom Woden, der den ‚saligen Fräulein‘ nachsetzt, liegt deutlich zutage.“

Wie in Mecklenburg finden sich im gesamten germanischen Sprachraum gleichlautende Erzählungen. Von besonderem Interesse sind hier die in Kärnten überlieferten „Saligen (seligen) Frauen“, auch Salaweiber oder Salkweiber. Dass es sich hier um Fruchtbarkeitswesen handelt, ist unzweifelhaft. Sie vertragen keinen Lärm (Waffenlärm, Peitschenknallen), sind schnell zu verschrecken, manchmal reichen dazu schon abwehrende Handbewegungen. Sie vertragen keine Unreinheit, ebenso empfindlich reagieren sie auf Schelte, Missgunst und Eidbruch oder Gier. Ihre Verwandtschaft mit den nordischen Landvættir, dem Huldrefolk, den Landwichten oder Landdisen ist unverkennbar. Geschildert sind sie als schöne, schlanke Frauen mit goldenen Haaren, sie sind fleißig und schenken den Bauern Fruchtbarkeit. Werden die saligen Frauen verärgert, verlassen sie den Günstling auf der Stelle und mit ihnen verlässt den Bauern auch Friede, Gedeihen und Wohlstand, so dass er schließlich sogar Haus und Hof verlassen muss. 

Im Zusammenhang mit der oben genannten Sage des Jägers, der die zwei weißen Frauen jagt und erst erreichen kann, nachdem er sich gewaschen hat, stehen in Kärnten Sagenmotive, nach denen die saligen Frauen auch „weiße Frauen“ genannt werden, sowie das Motiv des Waschens, also der Reinheit, ein Aspekt, der bei Naturgeistern eine bedeutende Rolle spielt. (In genau gleicher Weise übrigens auch in Mecklenburg: Waschen des Jägers und Jagd nach den weißen Frauen). In der folgenden Sage wird zwar nichts über die Jagd berichtet, doch man sieht deutlich, wie eine Opferhandlung zusammen mit dem Waschen (Reinheit) die Huld der Vegetationsgeister erregt. 

„Eines Morgens trug eine Dirn das Frühstück zu den Leuten auf das Feld hinaus. Als sie am Wald vorbeiging, vernahm sie auf der Höhe, wo damals die Saligen Frauen wohnten, Kindergeschrei. Sie hörte eine Stimme: ‚Seid still, Kinder, da drunten geht eine Dirn vorbei, die ist heute noch nicht gewaschen und wird alles verschütten.‘ Die Dirn, die alles gehört hatte, sah sich jedoch vor und wusch ihr Gesicht in dem nächsten Bächlein. Damit aber die Saligen nicht leer ausgehen sollten, stellte sie eine Schüssel voll Sterz und Milch auf den Weg und eilte weiter. Als sie später zurückkam, fand sie die Schüssel leer. Zu ihrer freudigen Überraschung lag unter der umgestülpten Schüssel ein Klumpen Gold.“ [Greifenburg]

Der wilde Jäger, der in Tirol, Kärnten und anderswo auch der wilde Mann heißt, bildet  zuweilen auch das männliche Gegenstück zu den säligen Frauen. In der Geschichte „Von der Salawand“ werden die Sälden geradezu als ein eigenes Volk beschrieben, so wie andernorts die Landwichte das „kleine Volk“ heißen. Neben dem männlichen Fruchtbarkeitspendant bei den Saligen als wilder Mann erscheint der Jäger ebenso als eigene Figur der wilden Jagd. Hier macht es etwas Mühe, die Vorstellungen auseinander zu halten. Man muss unterscheiden  zwischen den personifizierten männlichen und meist weiblichen Fruchtbarkeitsmächten auf der einen und der Führung der wilden Jagd auf der anderen Seite durch Wodan oder Holle/Perchta, denn beide Seiten gehen miteinander eine Beziehung ein. Gegenüber dem meist männlichen wilden Jäger spielt Perchta im Alpenraum anscheinend die größere Rolle als Führerin der Jagd. Sie ist hier das weibliche Gegenstück in der wilden Jagd. Es findet sich hier auch der wilde Jäger unter dem klingendem Namen Berchthold.

Auf den Aspekt der Fruchtbarkeit bei der wilden Jagd haben wir bereits hingewiesen. Das Land ist umso ertragreicher wenn die Jagd nur so darübertobt. In dem Aspekt des Jagens nach dem Moosweib, der weißen Frau oder der Saligen vereint sich Religion und Sitte analog zu Fruchtbarkeit der Natur und der Fruchtbarkeit menschlicher Vermählung: So wie der Jäger als Totenführer den weiblich gedachten Fruchtbarkeitsgeist jagt, ist letztlich auch der Kreis an der Stelle geschlossen, nach dem im Volksglauben die Verstorbenen für die Fruchtbarkeit verantwortlich sind, dass Leben ohne den Tod nicht möglich ist. Der Kreislauf von Leben und Tod stellt also den eigentlichen Kern des Mythos dar. Die sagenhafte Verarbeitung erzählt von dem Jäger, der eine weiße Frau, eine Salige, ein Moosweib jagt. Die Betonung liegt allerdings auf dem jagen, nicht auf dem „hetzen“. Man konnte sich schon in alten Zeiten fragen, wonach der Jäger eigentlich jagt. Eine Jagd ohne Ziel ist in der Tat nur ein fahriges Herumirren und erst die Erklärung, dass der Jäger nach der „Beute“, also der Fruchtbarkeit verlangt, findet so eine logische Befriedigung. Es liegt auf der Hand, dass die genealogische Entwicklung der Menschen analog zum Jahreskreislauf von Fruchtbarkeit und Gedeihen gesehen werden konnte und dass – wie in der Natur – der Aspekt des Todes eine bedeutende Rolle spielt.

Zu einem Pferdehirten, der des Nachts draußen in der Koppel bei den Pferden war, die gerade an einem Kreuzwege lag, kam eilig eine Frau gelaufen und bat ihn, sie über den Weg zu bringen. Da sie ihn so flehentlich bat, fand er sich endlich bereit dazu und brachte sie hinüber. Sogleich lief sie so schnell sie nur konnte weiter, ward aber in wunderbarer Weise immer kleiner und kleiner, bis sie zuletzt nur noch auf den Knien zu laufen schien. Gleich darauf stürzte ein Reiter, der wilde Jäger, mit seinen Hunden herbei und verlangte ebenfalls, über den Kreuzweg gebracht zu werden; seit sieben Jahren jage er schon nach jener Frau, und wenn er sie in dieser Nacht nicht bekäme, sei sie erlöst. Da brachte ihn der Hirt samt seinen Hunden hinüber, und es dauerte nicht lange, so kam der wilde Jäger zurück und hatte die nackte Frau quer vor sich liegen.

Kreuzwege haben eine alte magische Bedeutung. Man opferte an Kreuzwegen auch, um mögliches Unheil durch die Verstorbenen abzuwenden, und man sollte zu einem Kreuzweg flüchten, weil dort die Jagd ihre Kraft verliert. Bemerkenswert ist, dass der Pferdehirt den Jäger bereitwillig über den Kreuzweg bringt. Auffallend ist auch, dass die Frau quasi als Beute des Jägers dargestellt ist (ein häufig wiederkehrendes Motiv). Auf Falster und Moen jagt der „Groenjette“ die Meerfrau, die er nach siebenjährigem Jagen einfängt und vor sich aufs Pferd wirft. In einigen Gegenden zeigt sich der Jäger erst nach einigen Jahren wieder, in Hessen, Westfalen, Hannover, Rheinpfalz nach sieben Jahren. Man darf annehmen, dass diese Frist irgendeine Bedeutung hat.

Die „Beute“, steht meiner Ansicht nach sicher (wie in der Kärntner Sage) mit dem Jagen nach der wohlstandbringenden Fruchtbarkeit in Verbindung, denn das Jagdziel sind bis auf wenige Ausnahmen im allgemeinen die Holz-, Moos- und Waldfrauen, die weißen Frauen wie die Saligen oder die „Unterirdischen“ wie in Holstein.

Doch in der Frist von sieben Jahren liegt möglicherweise noch etwas anderes verborgen. Die Brautgabe war über lange Zeit ein Mittel der Eheanbahnung. Wenn man dies auch für die Germanen vermuten darf, dann hat die Brautwerbung sicher auch ökonomische Gründe gehabt. Vielleicht weist dieses Detail der Wilden Jagd auf eine ältere matrilineare oder matrilokale Gesellschaftsordnung, die für das germanische Heidentum noch untersucht werden müsste. Vielleicht steckt in der „Frau als Beute“ auch eine Erinnerung an ein ökonomisches Motiv, einer lohnenden Eheverbindung. Aber auch ohne das ist die „Beute von Fruchtbarkeit und Wohlstand“ hinreichender Grund für die Jagd. Den Brautlauf, der der Hochzeit den Namen gegeben hat, als Gedanken an eine Raubehe aufzufassen, hat man schon früh eine Absage erteilt, nicht zuletzt weil altgerm. ‚laufen’… nicht ‚rennen’ sondern ‚springen’ bedeutet.

Ein schönes Detail liegt in der Angabe, dass der Jäger die Frau „schon seit sieben Jahren jage und wenn er sie in dieser Nacht nicht bekäme, sei sie erlöst“. Das deckt sich genau mit den rechtlichen Bestimmungen der Hochzeit, wie sie in den altwalisischen Gesetzen (niedergeschrieben im 11. Jahrhundert) aufgezeichnet sind, und sich auch sonst in anderer Form im Volksglauben niedergeschlagen haben. Das sprichwörtliche „verflixte siebte Jahr“ gehört sicher ebenfalls hierhin. Noch heute hält sich der Glaube, dass eine Ehe nach sieben Jahren eine kritische Phase erreicht. Die Heiratsbräuche erzählen in umgekehrter Weise, dass ein Paar, das sieben Jahre miteinander gelebt hat, auch ohne förmlichen Beschluß nun verheiratet sei.

„In Wales wurde eine Ehe erst unlöslich, oder besser unkündbar, nach sieben Jahren. Fehlten nur drei Nächte an den sieben Jahren, so konnten die Gatten sich trennen.“

Übereinstimmend bei Kelten und Germanen scheint übrigens auch die mühelose Durchführung einer Scheidung gewesen zu sein, die vermutlich gerade vor dieser Frist ohne Hindernis war. Die milden kirchlichen Vorschriften der Bußbücher sowie der Umstand, dass Ehen von der Frau selbständig gelöst werden konnten, entspricht der Sitte bei den Kelten.
Den noch heute weitverbreiteten Brauch, die Brautleute mit Reis oder Körnern zu bewerfen, anderenorts wurden Süßigkeiten wie Nüsse oder Datteln (in Griechenland) ausgestreut, fasst de Vries als magische Handlung auf, die auf die Fruchtbarkeit (der Braut) Bezug nimmt. Fruchtbarkeit, Tod und Leben, Hochzeit als Brautlauf bilden zusammen im natürlichen Jahrskreislauf eine natürliche Einheit.

 

Der bestrafte Spötter

Abschließend soll noch auf ein oft erwähntes und mysteriöses Motiv der wilden Jagd eingegangen werden, um den Sagenkomplex erschöpfend auszuloten. In zahlreichen Berichten über die Wilde Jagd liest man von Menschen, die den Lärm und das Geheul der Wilden Jagd nachahmen und dafür ein zweifelhaftes Geschenk erhalten. Ihnen wird eine verwesende Pferde-, Bären- oder Hirschkeule herabgeworfen, die meist entsetzlich stinkt.

„Ein Kohlenfuhrmann, der zwischen Schüllar und dem Sehlbach einmal dem wilden Jäger begegnete und ihm antwortete, bekam ein altes Pferd auf seine Karre heruntergeschmissen und der wilde Jäger rief: Du hast mir helfen jagen, sollst mit helfen nagen.“

In Kärnten wird die Percht abgewiesen, worauf sie mit einem Fluch einen Klumpen Fleisch in die Stube wirft:

„Die Leute waren entsetzt und wußten nicht, was tun, um das unheimliche Geschenk loszuwerden. Da riet der Ortspfarrer, es nächstes Jahr zur gleichen Zeit an dieselbe Stelle zu legen. Die Perchtl würde kommen, um ihr Eigen zu holen. Die Frau tat dies, und im nächsten Jahr erschien genau zur selben Stunde das „Wilde Gloat“ und holte sein Stück Fleisch wieder ab.“

Es gilt als verderblich, die nächtliche Jagd im Vorüberziehen anzurufen, und zieht sie vorüber, sollte man tunlichst in Deckung gehen: Flach auf den Bauch legen, das Gesicht zur Erde, funktioniert meistens, aber nicht immer. Wenn im Wald oder auf dem Weg jemand in das Geschrei und Geheule der Jagd einstimmt, gilt es als Spott und Respektlosigkeit, die vom Jäger mit den Worten quittiert wird: „Hast helfen jagen, sollst helfen nagen“, worauf dem Spötter das erwähnte „Geschenk“ hingeworfen wird. Das wiederkehrende Motiv von negativer Gabe und Spruch des Jägers findet sich in zahlreichen Variationen. Vereinzelt wird dem Spötter auch ein Menschenbein herabgeworfen (an dem noch ein Strumpf oder Schuh hängt), ein Menschenfuß wird ins Bett geworfen oder einfach ein Stück verwesendes Fleisch mitten in die Stube. Eine Häufung findet man im Fall der stinkenden Pferdekeule, und immer wird diese Gabe begleitet mit dem Spruch „Halfest Du mir heute jagen, so kannst Du jetzt auch Knochen nagen.“ Aus „nagen“ wird zuweilen „knagen“, „klagen“ oder „tragen“.

Diese Gabe ist oft nicht von dem Ort, an den sie geworfen wurde, fortzubewegen, sie haftet z.B. über der Tür oder am Fenster und es bedarf magischer Mittel über Jahresfrist, um sich der Sache wieder entledigen zu können.

Dass der begleitende Spruch – wie Höfler annimmt – von einem einzelnen Menschen ersonnen wurde, erscheint vielleicht wenig glaubwürdig, aber das wird man kaum abschließend beurteilen können. Andererseits scheint er im Volksglauben bereitwillig aufgenommen worden zu sein, da er sich in Nord- wie in Süddeutschland und den Alpen findet. Aber was steckt dahinter? Zunächst sicher die Scheu vor dämonischen Mächten, denen man vorsichtig begegnen sollte. Die Warnung davor, der Jagd zu spotten, scheint mehr als eine pädagogische Maßnahme zu sein.

„Die allegorisierende Mythenforschung hat in dem (abscheulich stinkenden, zur Strafe herabgeworfenen!) Pferdefuß tiefsinnigerweise einen Beweis für Wotans Güte gesehen, der aus seinem unerschöpflichen Reichtum spende! Aber keineswegs besser als solcher schwärmender Romantizismus war die der nüchternen Folgezeit so liebe naturmythologische Auffassung. In der herabgeworfenen verwesenden Pferdekeule, die über der Tür oder am Fensterkreuz hängen bleibt und von dort nicht wegzubekommen ist, bis man magische Mittel verwendet, sah die naturmythologische Schule den Blitz, in den Worten des Jägers (‚Hast mit helfen jagen, sollst mit helfen nagen‘) dagegen den Donner!“

Die prompte Kritik, dass eine stinkende Pferdekeule nicht gerade eine überwältigende Ähnlichkeit mit einem Blitz aufweist, erfolgte natürlich zu Recht. Auch wenn es sich in der Regel um ein schlechtes Geschenk handelt: Nicht in allen Sagen ist diese Gabe negativ, insbesondere dann nicht, wenn das Mit-Jagen eben nicht als Spott verstanden wird. Der menschliche Mitjäger erhält einen Teil der Beute, die sich als Glück herausstellt, wenn die Mit-Jagd aufrichtig ist. Der Anteil besteht dann aus einem essbaren Stück Fleisch (wieder zumeist einer Pferdekeule), es ist ein Teil des Moosweibchens (ein Stück Glück und Gedeihen), oder die Gabe verwandelt sich in Gold und Silber:

In einer mecklenburgischen Sage wird von einem Bauern erzählt, der seines Weges schlich, als plötzlich ein Hirsch vor ihn hinfiel. Der Wod ist da, springt von seinem Ross und zerlegt das Wild: „Du sollst von dem Blute und ein Hinterviertel haben“, sagte er. „Ich habe keinen Eimer und keinen Topf“, sagte der Bauer. „So zieh deinen Stiefel aus“, sagte der Wod. Der Bauer tat wie ihm geheißen und trug Fleisch und Blut des Hirsches im Stiefel weiter. Die Last wurde ihm immer schwerer, und nur mit Mühe erreichte er sein Haus. Als er nachsah, war der Stiefel voll Gold und das Hinterstück ein lederner Beutel voll Silber.

„Ein andermal liegen Pferdejungen in der Nachtkoppel und schreien ihm (dem wilden Jäger) nach, da kommt er mit seinen Hunden herangebraust, zerreißt ein Pferd, nimmt sich ein Teil davon, ein anderes gibt er den Hunden und auch der Knechte jeder erhält ein Stück, wobei er sagt: ‚Hast du helfen jagen / sollst auch helfen knagen‘, und darauf zieht er wieder ab. Die Knechte aber, die von dem Braten gegessen, sind am Leben geblieben, die‘s nicht getan, sind bald danach gestorben.“

„Auch die (übrigens vereinzelte) Variante, daß die Wilde Jagd einem Eber nachsetze und ein Holzhacker, der jagen geholfen, vierzehn Tage lang Eberfleisch einsalzen konnte, ist viel logischer, und — dies ist methodisch wichtig — sie erweist sich eben dadurch als sekundäre Umgestaltung.“

Der Hinweis auf die Bedeutung des Pferdes in heidnischer Zeit weist bei der Frage nach der Ursprünglichkeit des Motivs in die richtige Richtung: Die Angaben Adams von Bremen über die Opferfeiern in Uppsala, nach denen man Pferdeteile der Verwesung anheim gab, wie auch die Berichte Tacitus‘ vom Schauplatz der Varusschlacht, sind in diesem Zusammenhang bemerkenswert, waren dort ja u.a. Pferdeköpfe an Bäumen befestigt. Weitere Hinweise auf spätere Sitten, die in modifizierter Form sogar bis auf den heutige Tag existieren, finden sich bei Sartori, so z.B. dass es Sitte war, Pferdeschädel  über der Haustür und am Dachgiebel zu befestigen. Der Zusammenhang mit dem Pferd und der Spiegelung in ältesten wie neueren Sitten ist unübersehbar. Die Frage, warum es sich erstens zumeist um Pferdeschinken handelt und zweitens, warum diese Gabe in der Regel als negative Gabe dargestellt wurde, erklärt sich dagegen aus der Umbildung des Sagenstoffes. Höfler wendet sich – sicher zu Recht! – gegen die Annahme, dass von der Wilden Jagd Pferde als Jagdwild gejagt wurden, vielmehr denkt er hier an die „Speise der Jagd“ und verbindet die Gabe der Keule mit dem alten Kultmahl: „Wir brauchen nur anzunehmen das man früher hier außer dem Kopf  auch einen Schenkel des Tieres verwendete und die Kette des Beweises schließt sich.“ Es braucht nicht viel Phantasie, um sich den praktischen Ablauf einer Hausschlachtung vorzustellen. Sobald das Tier getötet ist, hängt man es zum Ausbluten auf. In früheren Zeiten erfolgte das gewöhnlich an einer Hauswand, einem Pfosten, oder in einer größeren Tür.

Dass die ungewollte Gabe der verwesenden Keule an den Spötter nicht von der Stelle zu bewegen ist und oft unverrückbar an der Tür oder dem Fenster haftet, klingt wie eine Verfluchung des Mahles, vor allem des alten Kultmahls, ein Fluch, den der Spötter selbst auf sich gezogen hat. Dieses Motiv zielt wohl ursprünglich auf die Gemeinschaft, der sich jemand enthebt, der die Wilde Jagd nicht achtet. Der Fluch haftet an ihm für ein Jahr – bis die Wilde Jagd wieder vorüberzieht. Angelehnt an seine Funde über die emphatische Verbindung von Ahnen und jungen Männerbünden, die als „verwandelte Ahnenkrieger“ im Brauch die Wilde Jagd darstellen, sieht Höfler in dem Kultmahl die ursprüngliche Speiseform dieser Bünde. Im Grundsatz ist das nicht von der Hand zu weisen, denn es ist unzweifelhaft, dass das Pferd bei den Heiden das bedeutendste Opfertier war. Doch das Pferdemahl war nicht etwas exklusives für diese Bünde wie Höfler nahelegt, sondern es war allgemein ein bedeutendes Kultmahl.

So erklärt sich aber noch nicht, warum in einigen Sagen diese Gabe überhaupt negativ umgestaltet wurde. Hier wird man an die Speiseverbote der Kirche denken müssen, die mit dem Verbot des Genusses von Pferdefleisch bedeutenden Einfluss genommen hat. Das Verbot von 732 durch Papst Gregor III. hat keinen plausibleren Hintergrund, als den damals allgemein verbreiteten heidnischen Kult zu treffen. Das extrem schmackhafte und ernährungswissenschaftlich wertvolle Pferdefleisch gilt seit der Christianisierung – und sogar teilweise bis heute noch – als verpönt (wohl auch deshalb, weil das Pferd heute eher die Bedeutung des „edlen“ Reittiers mit Streicheltier-Charakter erlangt hat). So erzählt dementsprechend auch eine Sage aus dem Harz, dass der Wilde Jäger einst Christus am Trinken gehindert hätte. Zur „Strafe“ muss er nun „ewig wandern und sich von Rossfleisch ernähren“. Pferdefleisch als „Strafe“ und zum anderen die Scheu vor dämonischen Mächten, die in christlicher Zeit negativ aufgefasst wurden, erklärt letztlich auch das Motiv des „bestraften Spötters“.

 

Todesvorstellungen

Frau Holle und die gleichbedeutende Perchta haben mit der skandinavischen Hel die Bedeutung des Namens gemeinsam. „Hel“ bezeichnet das Totenreich und kommt auch personifiziert als weiblicher Name vor. Die Namen haben alle mit „verhüllen und verbergen“ zu tun und spielen deutlich auf die heidnische Vorstellung der Totenwelt an, die den Verstorbenen in der Welt anwesend verstand, lediglich den Augen verborgen.

Holle-Perchta erscheint als Führerin der Wilden Jagd damit als „Totengöttin“, die in Skandinavien als „Hel“ eine deutlich stärkere Ausprägung erhielt als im Süden Germaniens, wo der Bezug zur Wilden Jagd etwas deutlicher ausgeprägt zu sein scheint. Das mag vielleicht darauf zurückzuführen sein, dass es im Norden durch Snorri und die Skaldik eine „theologische“ Bearbeitung des mythischen Stoffes gegeben hat. Vielleicht kann man das aber auch dem Umstand zuschreiben, dass in Deutschland, Österreich und der Schweiz durch die Christianisierung schon früh gerade die Hauptgötter dämonisiert wurden und sie als verdeckte Sagengestalten ein längeres, aber weniger „theologisch“ verändertes Leben hatten.
Doch hat sich im germanischen Süden der christliche Einfluß anders bemerkbar gemacht. Frau Holle gewinnt durch die Annäherung an die christliche „Gottesmutter“ Maria im Laufe der Zeit mehr den Charakter einer Holdseligen, und gleichfalls wird Perchta anscheinend mehr zur belohnenden und strafenden mythischen Gestalt. Plischke wendet sich gegen die Ansicht, dass Holla ursprünglich Kinder in die Wilde Jagd aufgenommen haben soll, und vermutet darin eine Folge der kirchlichen Taufpraxis. Hier geht es ausschließlich um ungetaufte Kinder, die man als „Heidenkinder“ ansehen musste (obschon auch die Heiden ihre Kinder tauften und die Wassertaufe der Christen ohnehin von „den Heiden“ übernommen worden war).

 

Entwicklungen

Kommen wir abschließend noch einmal auf Wodan zu sprechen, wie der Gott in den nordischen Überlieferungen dargestellt ist. Ausgehend vom Charakter des wilden Jägers hat sich die Wodans- bzw. Odinsvorstellung weiterentwickelt. Ist er hier der Seelenführer der vorzeitig Verstorbenen, zeigt sich bei Wallhall dasselbe Bild – aber in ganz anderer Fassung. Parallel zu Wallhall hat sich auch die Walkürenvorstellung entwickelt. Zuletzt werden wir noch kurz auf die Einherjar eingehen, damit man sich ein erweitertes Bild von der Entwicklung der Wodansvorstellung und der Entwicklung des Heidentums machen kann. 

„In der Dichtung des 10. Jahrh. wird der Gedanke, daß der in der Schlacht gefallene Krieger zu Odin fährt, oft ausgesprochen. Der Sieger im Kampfe weiht Odin die von ihm Erschlagenen. Hakon Jarl hat neun tapfere Männer zu Odin gesandt, sagt Thorleifr jarlaskald in seiner Hakonardrapa (Skj I, 132).

Wodan als männliche Leitung der Jagd bezieht sich besonders in Zeiten von archaischen Kleinkriegen wesentlich stärker auf die männlichen im Krieg Gefallenen, woraus sich in der Wikingerzeit schließlich die idealisierte Vorstellung der „Halle der Gefallenen“ – Wallhall gebildet hat. Wallhall ist kein „weiteres Totenreich“ neben Hel, sondern eine auf rein kriegerischen Idealen beruhende Weiterentwicklung der Wilden Jagd.

Es sei erlaubt, an dieser Stelle kurz auf die in den Quellen genannten verschiedenen Totenreiche einzugehen. Wie man am Beispiel der Wilden Jagd und Walhall unschwer erkennen kann, handelt es sich nicht um Vorstellungen von verschiedenen jenseitigen Welten, sondern um gedankliche Ausprägungen, die sich aus speziellen Bedürfnissen ergaben. Verlangt die mütterliche Trauer um das verstorbene Kind nach einem Bedürfnis der Erklärung, Milderung und Bewältigung der Trauer, dann kann dieses Bedürfnis natürlich nicht mit dem später idealisierten Kriegerparadies Wallhall befriedigt werden. Es knüpft sich verständlicherweise an fürsorglichere Vorstellungen, die mit Hel, Holda, Perchta besser überein stimmen. Das bedeutet nun nicht, dass verstorbene Kinder in einer anderen verborgenen Welt weiterleben als die Alten, die am Lebensende gegangen sind. Der Tod als Macht erschien sicherlich auch in heidnischen Zeiten wie ein Monolith, den man nicht erkennen kann. Gerade die dreiste Versicherung der Missionare, vom Tod genauen Bescheid zu wissen, half bei der Durchsetzung der Christianisierung und zeigt also, dass es sich hier nicht um exakte Vorstellungen handelte, sondern um bewusste Projektionen. Die menschlichen Bedürfnisse der Lebenden haben hier Abhilfe geschaffen und verschiedene Vorstellungen vom Verbleib der lieben Menschen gebildet, die man deshalb aber nicht als kanonisierte Vorstellungen verschiedener „Reiche“ betrachten sollte.

Die Walküren erscheinen im späteren Walhall als die Dienerinnen Odins. Simek hat die Entwicklung der Walküren sehr schön ausgedrückt: „Von schaurigen Leichendämonen zu eleganten Empfangsdamen des Kriegerparadieses“. Die Walküren sind Wesen welche die „Wal“ küren, – den Lebenden zum Tode bestimmen. Das Wagnerianische Bild wollen wir uns hier ersparen, doch es entspricht den (weiter übertriebenen) Personifikationen der Walküren als Dienerinnen und Untergebene, wie es schon im jungen Sigdrifalied zum Ausdruck kommt. Dagegen grenzt sich schroff das Walkürenlied ab. Dort erscheinen die Wesen als schreckliche Weberinnnen, die aus den Gedärmen der Gefallenen das Schicksal bestimmen.

„In allen germ. Dialekten bedeutet ahd. wal, ags. wael, an. valr, den Haufen der Erschlagenen oder die Stelle, wo sie liegen; im nd. vom 13. Jahrh. an bis heute bezeichnet Wall einen Haufen, … (…scharenweise, in Menge).“

Ein „Küren der Wal“ bedeutet demnach ein Auswählen der Krieger, die fallen sollen. Die Walküren sind ursprünglich die Wesen, die den Krieger vom Leben zum Tode beförderten. Es handelt sich bei den Walküren also um Wesen, die das Schicksal des Kriegers in Erfüllung gehen lassen. Damit waren sie aber weniger „Wesen“ als „Umstände“, wie die redenden Namen der Walküren bezeugen. Eine Walküre war zu jener Zeit jenes Etwas, das den Tod des Kriegers bestimmte – also verursachte, etwas, das sich im Schlachtgetümmel befand und darin wirkte. Wenn der Name der Walküre Mista „Nebel“ bedeutet, dann kann man sich denken, in welcher Weise „Nebel“ über das Schicksal eines Kriegers in der Schlacht entscheiden konnte. Hier ist die naturmythologische Folgerung zwingend. Weitere Walkürennamen bestätigen diese Vermutung: Goll (Lärmerin), Geironul (mit dem Speer vorstürmend), Swipul (die Schnelle, Veränderliche), Gondul (die Zauberkräftige), Walthogn (Kampftote empfangend und verzehrend). Das sind Walkürennamen, die direkten Beinamen Odins entsprechen (Gollnir, Geirolnir, Swipall, Gondlir und Walthognir). Sicher sind nicht alle Walküren aus dem Charakter Odins entsprungen oder ihm umgekehrt zugeordnet worden, denn welchen Weg diese wechselseitige Beziehung genommen hat, wissen wir nicht. Doch die Häufung in diesen Angleichungen ist bemerkenswert.

Odin kürt allerdings auch selbst die Krieger, die als Einherjar in Wallhall einziehen sollen. Man fragt man sich unwillkürlich: Wozu braucht Wodan eigentlich Walküren? Worin liegt also der Ausgangspunkt der Walkürenvorstellung? Die Frage ist natürlich falsch gestellt, denn damit übertrüge man menschliche Verhältnisse auf Götter so, als wären sie gleichsam handelnde und bedürftige Personen. Hier geht es allerdings um den sinnhaften Zusammenhang einer Naturphilosophie, die sich in ihren Kausalitätslinien selbst erklären muss, und nicht etwa um die Frage, ob die eine mythische Figur einer anderen die Arbeit abnehmen könnte, weil die erste zu viel zu tun hat. 

Das Wort „küren“ für „erwählen“ geht auf „kiesen“ zurück. Odin wird in einem Beinamen „Walkiosandi“ (Kieser der Wal) genannt. Küren hängt mit dem nhd. Wort „kosten“ zusammen und Ninck folgert daraus, dass der leichenfressende Rabe die eigentliche Basis für die „Walküren“ abgibt. Bestätigt wird er durch den Umstand dass der Rabe „waelcaesig“, also „leichenauswählend“ heißt, und das deckt sich genau mit dem altenglischen Begriff walcyrge. Die Krähe gehört zu den Rabenvögeln und die in der Völsungensaga erwähnte Hlöd ist krähengestaltig. Die Walküre lässt wiederum einen Vergleich zur keltischen Morrigan zu, die meist in Krähengestalt Leichen ausweidet. Den Raben nennen die Skalden Yggjar mar. Ygg als Name Odins bedeutet „der Schrecker“, was darauf anspielt, dass für denjenigen, gegen den sich der Gott wendet, die Schlacht schon verloren ist. Der „Mar“ in „yggjar mar“ ist ein schadenbringender Alb (vgl. den Nachtmar  in ne. nightmare, den „Marzopf“ für verwirrtes Haar). „Kämpfen“ umschreibt der Dichter Havaror Halti mit „den Raben füttern“. Der „Krieger“ hingegen wird beschrieben als der, „der die Fittiche des Rabens rot macht“; und der Rabe wird „Adler Odins“ genannt. Die Beispiele ließen sich noch vermehren.

Mit den Walküren scheinen Aspekte von Kampf und Tod, die schicksalsentscheidenden Umstände der Schlacht personifiziert worden zu sein. Dabei sind diese Umstände auch als Eigenschaften Odins beschrieben, wie Verblendung, Entsetzen, Lärmen u.v.m. Die Walküren heißen auf der anderen Seite aber auch Schwanenjungfrauen, und gerade in der Wikingerzeit wird ihr Bild immer anziehender und idealisierter gestaltet. Man könnte versucht sein, die Ambivalenz Wodans dafür verantwortlich zu machen, und in der Tat geht die Vermutung in diese Richtung, wenn man weiß, das zwei Gegner sich in gleicher Weise auf diesen Gott beriefen.

„Odin, der die dunkle und lichte Seite in sich vereinigt, beschützt beide, den Helden der Nacht und den Helden des Lichts, wenn sie nur wirkliche Helden sind.“

Ist die Walküre für den Krieger, der sich im Nachteil befindet, ein schreckliches Wesen – wie auch der verehrte aber schreckliche Odin, wenn er sich gegen einen wendet, so sind die Walküren für den Siegreichen natürlich die herrlichen Schwanenjungfrauen und Odin der Gott des frohen Sieges. Der Aspekt der Schlacht ist bei den Walküren grundlegend, sie sitzen nach dem ersten Merseburger Zauberspruch auf dem Schlachtfeld und im Walkürenlied weben sie mit Schwertern das Schicksal der Krieger. 

Die Walküren sind manchmal mit den Fylgien verwechselt worden und im kriegsfernen Sinn könnte man versucht sein, sie als „Todesengel“, als Begleiterinnen des Toten bezeichnen. Die Walküren entfernen sich damit jedoch von ihrer Ursprungsbedeutung, da sie keine persönlichen Folgegeister sind (Fylgia, vgl. die „Anima“ nach C.G: Jung), sondern eher psychologische Eindrücke darstellen, wie man sie auf alten (sicher auch neueren) Schlachtfeldern erfahren konnte. Ein bestimmter Lärm, der im entscheidenden Moment ablenkt, ein Nebel, der verhüllt, eine Überraschung, die verunsichert – das sind die Walküren, die dem Einzelnen zum tödlichen Verhängnis werden, und darin liegt ihre eigentliche Bedeutung. Besonders anschaulich wird das bei der „Heerfessel“, die als eine dämonische Macht verstanden und in einer Handschrift mit „Zauberhand“ glossiert wurde. Die Heerfessel ist personifiziert als Herfjötur unter die Walküren verlegt worden. Ninck beschreibt anhand der isländischen Saga von Hörd die Panik, das lähmende Entsetzen, das denjenigen packt, über den sich die Heerfessel legt: Viele Feinde dringen auf den tapferen Hörd ein, der sich mehrmals befreien kann, bis ihn das Entsetzen über die vielen mordgierigen Verfolger schließlich hinsinken lässt. Hier wird deutlich der „innere Grund nach außen verlegt“, als Zauber der einen angreift – in Form einer Walküre.

Der Rabe spielt als Attribut Wodans dagegen auch eine Rolle in Orakel und Vorbedeutung. Jarl Hakon opfert an der gautländischen Küste und er nimmt die beiden Raben, die krächzend heranflogen, als Zeichen dafür, dass Wodan sein Opfer angenommen hat. (Hkr I, 303). Dass der Rabe nicht nur als Walkürenvorbild und Kriegsvogel von Bedeutung war, sondern auch in anderer Hinsicht hochgeschätzt wurde, zeigt die skaldische Beachtung des Vogels an besonderer Stelle. Die beiden Raben sind die ständigen Begleiter Wodans: Hugin (Gedanke) und Munin (Gedenken) werden vom Gott jeden Tag ausgesandt, um Neues in Erfahrung zu bringen.

Zu Hugin vergleiche man die hugrunar (Gedankenrunen). Der Name Munin leitet sich übrigens vom gleichen Wortstamm wie Minne ab. Der Minnetrank galt noch im christlichen Mittelalter als kultische Form des Gedenkens und gründet sich direkt auf dem ehemals heidnischen Trankopfer.

„Denn eben im Norden kennen wir es als feste Sitte bei allen Opferfesten, zumal aber beim Herbstopferfest und an Jul, den ersten Becher um Sieg dem Odin zu weihen. Nachher leerte man die Becher für Thor, für die Wanen Frey und Niörd, für den verstorbenen Fürsten (Bragibecher) und endlich zu Ehren der Toten der eigenen Sippschaft (Minnebecher).“

Die Reihenfolge dürfte kaum statisch gewesen sein. So lassen sich entsprechende Minnetrunke für die Verstorbenen im Heiligmonat (November) belegen und es spricht nichts dagegen, dass man einem bestimmten Gott eine Minne weiht. Der kirchliche Ersatzheilige Martin nimmt zuweilen den Platz ein, hinter dem sich eine Wodansminne verbirgt. Auch aus der damals weithin beliebten „Gertrudenminne“ lässt sich Ninck zufolge der Becher für Freyja erschließen. Die Kirche musste noch einen dritten Heiligen aufbieten, um die zähe Sitte allmählich zu neutralisieren: Johannes, hinter dem sich (Johannisfest – das Mittwinter- bzw. Julfest) kein anderer als Frey verbirgt.

Wenn Odin im wikingerzeitlichen Walhall die Einherjar sammelt, da er im Endschicksal der Götter (Ragnarök) die Hilfe der besten Krieger braucht, entspricht das einer Idealisierung des Kriegerdaseins, darin ist sich die Forschung mittlerweile einig. Die Beziehung Wodans insbesondere zu den Kriegern (mehr als zu den Ahnen allgemein) erklärt ihn zum Kriegsgott, ein Charakterzug, der verständlicherweise in der Zeit der Bekehrung stärker betont wurde. Mit Wallhall und den Einherjar verhält es sich den Walküren ähnlich, sind dies ja sämtlich Zuordnungen zu einem bestimmten Mythenkreis, der sich aus der wikingerzeitlichen Steigerung Odins ergibt. Wir können eine Entwicklung Wodans aus dem ursprünglichen wilden Jäger bis zu seiner späteren kosmologischen Bedeutung nachvollziehen, so auch die Entwicklung der Wilden Jagd zur Wallhallvorstellung, wie im übrigen die Entwicklung der Walküren von ursprünglich „schaurigen Leichendämonen“ bis hin zu „eleganten Empfangsdamen des Kriegerparadieses“ (Simek) .

Der Mythenkreis um die Einherjar (die „allein kämpfenden“), die Notierungen über die Gefolgschaftsbünde, sowie die Rede vom Wilden Heer der auferstehenden und kämpfenden toten Krieger sind substantielle Elemente. Die Einherjar als entwickelte Vorstellung einer Gefolgschaft des Gottes bilden im kosmologischen Maßstab wiederum die Antwort auf die Vorstellungen der Zeit, in der sie entstanden sind. Der „Kriegsgott“ braucht die Einherjar für die abschließende Schlacht der Götter gegen die Riesen und Dämonen. Doch wie können sie helfen? Im Grunde gar nicht, denn die letzte Schlacht verlieren die Götter, und so könnten die Einherjar das Ende allenfalls hinauszögern, doch wozu? Im Grunde wird die Einherjarvorstellung mehr der zeitgeistigen Abwehrschlacht gerecht, die sich zwischen den Weltbildern Heiden- und Christentum vollzog. Das Christentum versteht damals wie heute den Menschen insgesamt als „Seele“, der am Ende aller Zeiten (komplett, auch körperlich) wieder aufersteht. Im alten Heidentum gab es keine ähnlich verstandene Wiederauferstehung.
Vergleichbar ist nur eine genealogische Wiederkehr in der Sippe selbst und in der Vorstellung der Wilden Jagd, in der die vorzeitig Verstorbenen umherziehen. In einer kriegerischen Gesellschaft, wie sie uns in der Wikingerzeit entgegen tritt, ist es nur konsequent, die Wilde Jagd in der Form von Wallhall zu erweitern und die zahlreichen vorzeitig verstorbenen Krieger als kämpfendes Heer wiederauferstehen zu lassen. Gerade in der Zeit der Wikingexpansion wird man die meisten Fälle vorzeitig Verstorbener beklagt haben.

Die ursprüngliche Form des Wilden Heeres dürfte eine emphatische Verbindung von initiierten jungen Kriegern mit den Seelen der älteren Krieger darstellen. Für die Vorstellung von Wallhall wird es für die Zeit Tacitus‘ noch kein Bedürfnis gegeben haben, hier reichte die emphatische Verbindung zwischen der lebenden und toten Kriegerschaft, die sich in der genealogischen Stammesverbindung erneuerte. Erst mit dem allmählichen Wegfall der Stammesstrukturen, der Einführung der christlichen Familienform, nicht zuletzt der Völkerwanderung wird die Wilde Jagd wohl zunehmend auch zum exklusiveren Reich der vorzeitig verstorbenen Krieger: In der Wikingerzeit wird die Abspaltung der Wallhallvorstellung von der Wilden Jagd zum „Kriegerparadies“. Die Zeit der Wikinger ist eine Blütezeit des Heidentums, doch liegt in ihr gleichzeitig auch der Keim zum Untergang. Sie ist mehr ein letztes großes Aufbäumen als kulturelle Fortentwicklung, denn mit dem Ausgang dieser Epoche schwindet auch das heidnische Weltbild. Diese Entwicklung muss man natürlich vor dem Hintergrund der konkurrierenden Weltbilder verstehen. Es wäre abstrus zu meinen, dass die Bekehrung keinen Einfluß auf das heidnische Weltbild gehabt hätte. Schließlich zeichnen sich gerade die heidnischen Vorstellungen durch die Flexibilität aus, sich zu entwickeln und sich den Notwendigkeiten der Realität anpassen zu können.

Lässt sich Wallhall also als eine zeitgeistige Entwicklung aus der Wilden Jagd betrachten, dann ist es auch nicht abwegig, hier entsprechende Beeinflussungen der kosmologischen Vorstellungen wahrzunehmen. Besonders die Einherjar – die kosmologisch eigentlich überflüssig sind, weil sie gar nichts ausrichten können – zeigen uns eine Änderung im heidnischen Weltbild an: Das Hauptargument für ihre Existenz, dass Wodan die Einherjar für den letzten Kampf braucht, überzeugt deshalb nicht, weil ihr Wirken vergeblich ist. Sie können das Ende der Welt vielleicht hinauszögern, aber nicht verhindern. Bereits die Verzögerung des unausweichlichen Schicksals passt nicht so recht in die Schicksalsvorstellungen, wie wir sie ansonsten kennen, da in denen zum Ausdruck kommt, dass man das Schicksal als Aufgabe bejahen, annehmen und würdig erfüllen soll. Die Rede davon, dass Odin der Krieger für die kommende Schlacht gegen die feindlichen Dämonen bedürfe, ist so also nicht nachvollziehbar. Wenn man allerdings die Betonung auf die Einherjar als die toten Krieger – die Ahnenhelden – legt, und sie im Zusammenhang mit der Wilden Jagd wieder zu ihrer Ursprungsform zurückverfolgt, ergibt die Gemeinschaft der verstorbenen Helden einen Sinn – für die Lebenden. Die Form der kultischen Kriegerbünde ist hier entscheidend, denn „der Kampf gegen dämonische Feinde ist keine profane Handlung, sondern eine kultische.“

Wallhall und Einherjar sind natürlich keine christliche Erfindungen, im Gegenteil, sie sind heidnische Entwicklungen, doch sie sind möglicherweise eine Reaktion auf die Herausforderungen des heidnischen Weltbildes durch das christliche. „Auf Wiking gehen“ bedeutete einen Kriegs- oder Raubzug zu unternehmen. Sind die Skandinavier jener Zeit auch vorrangig Bauern, Händler und Kaufleute, so ist der Beutezug doch ein bestimmendes Moment, in dem sich gerade die jungen Krieger beweisen konnten. Ausgehend von der initiierten Kriegerschaft der Harier steigert sich der Anspruch der wikingerzeitlichen Kriegsunternehmungen durch die christlichen Begrenzungen der heidnischen Wirkungssphäre. Handel und Austausch, wie er jahrhundertelang erfolgt war, waren durch das Christentum vermutlich weit stärker behindert als ein Jahrtausend zuvor durch den römischen Limes. Das anschaulichstes Beispiel stellt neben den zahlreichen Verboten der Kirche in bereits mehr oder weniger bekehrten Gebieten das „Primsigning“, eine Art nominelle „Vorab-Taufe“ zum Christen dar. Die Unternehmung des Wikings stellt hier eine kriegerische Befreiung dar und gründet sich in der Substanz auf die alten Vorstellungen der Kriegerschaft, die wiederum vom Wilden Heer gespeist wurden.

In einer Fußnote stellt Höfler die Frage nach der möglichen Verbindung von ein-herjar und Hariern. Kershaw erklärt, dass –heri als Substantiv zu herr (Heer) gehört (vgl. herjann) und in der Einzahl in keiner germanischen Sprache vorkommt. Einheri als Einzahl von einherjar sei ein sprachliches Fossil, hinter dem wahrscheinlich das von Tacitus genannte harii als Plural steht.

 

Die Wilde Jagd heute?

Zunächst zur Frage der Realität der Erscheinung der Wilden Jagd. Das Gebell, der Lärm und die Erscheinungen hat man verschiedentlich als Halluzinationen gedeutet, das Gebell mit den Geräuschen von Vogelschwärmen verglichen, das Geheul mit Windgeräuschen in Wald und Gebirge. Es erstaunt, dass diese Vorstellungen immer wieder und unabhängig voneinander zeitlich und geografisch weit entfernt in sehr ähnlicher Weise auftauchen. Lassen wir das einmal so stehen. Es ist gar nicht notwendig, die Realität der wilden Jagd zu erweisen, denn ihr eigentlicher Kern ist die Vorstellung, dass die Seelen der Verstorbenen die Lebenden besuchen können, und das ist eine sehr heidnische Sicht der Dinge. Eine Sicht die aus der (freilich nicht überprüfbaren) Erfahrung – ich traue es mich kaum zu sagen – der Jahrtausende (!) erwachsen ist. Sie knüpft daran an, dass die Toten nicht in einer anderen, sondern in dieser Welt leben.

Die Grundbedeutung der Wilden Jagd liegt im Kreislauf von Leben und Tod, der besonders zur Julzeit eindrücklich die Gedanken der Menschen beschäftigte. Im Winter war man früher in weit höherem Maß auf wohnlich engem Raum beschränkt und stärker als im Sommer mit den eigenen Gedanken als mit praktischer Arbeit beschäftigt. Die noch etwas naturnähere existenzielle Lebenswelt vor noch 100 Jahren hat sicher auch eine andere Einstellung zum Erleben und Vergegenwärtigen der Natur und ihrer Bedingungen gehabt, als die des dieser Erfahrungen entwöhnten Menschen, der sich intellektuell aufgeklärt im klimatisierten Büro wiederfindet. Ein Urteil über Naturerscheinungen wird man aus dieser Umgebung heraus nicht wirklich fällen können. Erstaunlich ist dieser ganze Mythenkomplex für mich vor allem durch den Zusammenhang von Fruchtbarkeit und Ahnen zum einen, zum anderen durch den Zusammenhang von Initiation der Jugend und dem Äquivalent im Brauchtum.

Eine andere Frage ist die, welchen Belang der Begriff der Fruchtbarkeit heute haben kann, um noch einmal das Bild des Büromenschen zu bemühen: Kinder wissen heute oft nicht einmal mehr, dass Pommes frites aus Kartoffeln hergestellt sind, und man muss sich nicht wundern, wenn schon ihre Eltern an Fertiggerichte gewöhnt sind, weil schon deren Großeltern die Kartoffel nicht mehr selbst aus dem Boden holten. Wir kennen heute Arbeitsteilung und Produktionsübertragung durch Geldwerte. Die Fruchtbarkeit der eigenen Arbeit ist dennoch für jeden wichtig, wenn auch in einem mittlerweile so übertragenem Sinn, dass man Ausmaß und Wege dieser Übertragung kaum noch nachvollziehen kann. Auch ein Beamter, der von jeglicher Landwirtschaft in der Regel weit entfernt ist, wird seine eigene Arbeit nur als ertragreich ansehen können, wenn seine Bemühungen fruchtbar waren. Somit dürfte es auch heute noch Normalfall sein, dass es der Mühe bedarf, um über die reine Existenzsicherung hinaus einen Mehrwert, einen Gewinn und Ertrag zu erwirtschaften – so wie es ein Bauer schon vor tausend Jahren tun musste. Nur die Mittel des Ertrages sind heute andere. Das Formular mag der Acker des Beamten sein, die Logistik der Acker des Lagerarbeiters und die Fertilisationsschale der Acker des Biologen.

Nun tobt natürlich keine Wilde Jagd durch die Formulare, das Lager oder das Labor, doch was man erwirtschaftet, ist letztlich dem einzelnen förderlich. Die Beziehung zum echten Acker mag hier und da verloren gegangen sein, doch es sind „nur“ die Wege, die sich durch die Arbeitsteilung weiter entfernt haben, die Beziehung besteht nach wie vor, auch wenn man sie nicht direkt wahrnimmt. Ein „do ut des“ setzt den Biologen wie auch alle andere arbeitenden Menschen in die Lage, diese Beziehung zur Basis ihrer Existenz wieder wahrzunehmen. „Gebe um zu bekommen“, achte die Fruchtbarkeit um ihrer selbst willen, so dass dein Handeln und Leben fruchtbar sein wird. Besser als auf der Tafel am Botanischen Garten in Berlin kann man es nicht ausdrücken: „Achte die Pflanze, denn alles lebt durch sie.“ 

Zuletzt noch ein Wort zur Initiation. Wie oben angedeutet hat die Jünglings-Initiation auch eine soziale Komponente, die des Kampfes der Generationen. Der Junge, der gegen seinen Vater aufbegehrt, birgt eine psychologische Dramatik, die so alt wie die Welt ist, und die wie etwa im Hildebrandslied in einer Tragödie enden kann. Der unbändigen Jugend, die sich beweisen will und mit ihrem Expansionsdrang nicht umgehen kann, stehen die erfahrenen Älteren gegenüber, die aus einem überlegenen Blickwinkel die ungeduldigen Bengel leicht auskontern können, sie aber auch aus Furcht vielleicht klein halten und so ihren natürlichen Drang unterdrücken. Die Initiation kann einem (übrigens immer wiederkehrenden) Generationenkonflikt vorbeugen, der durch die gegenseitige Anerkennung beider Seiten ausgeglichen werden kann. Die Jungen profitieren von der Erfahrung und die Alten von der Befriedigung, sie im Kreislauf des Lebens an die Jungen weitergeben zu können.

Auf die natürlichen und unausweichlichen Prozesse in angemessener Weise zu reagieren, liegt in der Verantwortung einer Gesellschaft: um unnötige Konflikte zu vermeiden, aber auch um die Entwicklung der Gesellschaft in natürliche und gesunde Bahnen zu lenken, in deren Verlauf sich die Menschen insgesamt in ein gesundes Verhältnis zur Natur setzen. Die Entwöhnung der natürlichen Basis mag als unerfreuliches Nebenprodukt der Arbeitsteilung bedauernd akzeptiert werden, doch muss man nicht hinnehmen, dass ein Mensch niemals diese natürliche Basis kennen lernt. Im Gegenteil wird es sicher bereichernd sein, wenn man in der Jugend unter anderem gelernt hat, aus zwei selbst gesuchten Hölzern Feuer machen zu können.

Literatur

  • Bächthold-Stäubli, Hanns: (Hg.): Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens (HdA). Berlin 2000
  • Bartsch, Karl: Mecklenburgische Sagen, Bd. 1. Wien 1879
  • De Vries, Jan: Altgermanische Religionsgeschichte. Berlin  1957
  • Engels, Friedrich: Der Ursprung der Famile, des Privateigentuns und des Staats. Stuttgart 1886
  • Herrmann, Paul: Deutsche Mythologie. Engelmann, Leipzig 1906
  • GardenStone: Göttin Holle. Norderstedt 2006 (Neuausg.)
  • Graber, Georg: Sagen aus Kärnten. Leipzig 1914
  • Grimm, Jacob: Deutsche Sage. Stuttgart 2000
  • Höfler, Otto: Kultische Geheimbünde der Germanen. Frankfurt 1934
  • Junker, D. / Kliemannel, H. (Hg.): Heidnisches Jahrbuch Bd. 2. Hamburg 2007
  • Kershaw, Kris: Odin. Der einäugige Gott und die indogermanischen Männerbünde. Engerda 2004
  • Ninck, Martin: Wodan und germanischer Schicksalsglaube. Darmstadt 1967
  • Plischke, Hans: Die Sagen vom wilden Heere im deutschen Volke. Eilenburg 1914 (Diss.)
  • Weiser, Lily: Altgermanische Jünglingsweihen und Männerbünde. Bühl 1927
  • Zaunert, Paul: Westfälische Stammeskunde. Jena 1927

Der „Rheingold-Ritus“

Einführung in den Kult und die Riten der Rheingold-Blotgemeinschaft aus Köln.

von Sebastian Stein
unter Mithilfe von Hans Stucken, Günter Stienecke und der Rheingold-Blotgemeinschaft

1 Einführung

Der Eldaring-Stammtisch Köln hat sich im Laufe der letzten Jahre zu einer kleinen, aber beständigen Blotgemeinschaft von ca. 12 Leuten entwickelt, die sich alle 1-2 Monate zu einem gemeinsamen Blot trifft, zumindest aber die Hauptjahresfeste miteinander feiert (Jul, Mittsommer und die beiden Tag-und-Nachtgleichen). Der Ablauf eines Blots ist in seiner Grundstruktur immer ähnlich und daher haben wir uns entschlossen dieses Grundmuster einmal schriftlich festzuhalten.

Dieser Artikel nun ist eben die schriftliche Niederlegung unseres „Rheingold-Ritus“ und soll für die Rheingold-Blotgemeinschaft zur Orientierung und in gewissen Maß auch Vorgabe sein und für alle anderen als Ansatz zum Austausch und zur Ideenfindung für die eigenen Rituale dienen. Nach einem kurzen historischen Rückblick folgen ein paar Definitionen und Vorraussetzungen, um Unklarheiten und Missverständnisse zu vermeiden. Erst dann folgt die Beschreibung des eigentlichen Blotablaufs mit Beispielen für die verschiedenen Gedichte, Lieder und Anrufungen, die während eines Blots verwendet werden können.

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Das Ritual – Die Handlung als Weg

Eine persönliche Betrachtung des Kultes im modernen Asatru

von Christian Bartel

Das Ritual ist sich wiederholende Handlung und damit Sicherheit. Von ihrer Intention unterscheiden sich die Rituale des Asatru nicht so sehr von denen anderer Religionen. Sie sollen neben dem Kontakt mit den Göttern und Ahnen durch das Gemeinschaftserlebnis und den Wiedererkennungswert Sicherheit und Halt bieten. Der Schwerpunkt liegt dabei weniger auf Rekonstruktionen historischer Riten, sondern auf dem Funktionieren eines Prinzips. Es wäre ein Missverständnis, zu glauben, dass nur solche Handlungen „echt“ sind, die sich auf historische Überlieferungen stützen lassen und damit „authentisch“ sind.

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Sind wir „folkish“?

von Tim Peters

Man begegnet im Zusammenhang mit Asatru gelegentlich dem Adjektiv „folkish“ oder seiner – wohl etwas heiklen – deutschen Übersetzung „völkisch“. Etwas seltener hört oder liest man auch das als Gegenbegriff gemeinte „universalist(isch)“. Der Eldaring macht sich diese Begrifflichkeiten nicht zu eigen. Da sie aber immer wieder auftauchen und regelmäßig für Diskussionsstoff und in nicht unerheblichen Maße für Irritation sorgen, sei hier einmal kurz auf sie eingegangen – allerdings weniger auf ihre Bedeutung sondern vielmehr auf die Gründe, warum wir sie eben nicht für sinnvoll erachten und deshalb nicht verwenden wollen.

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